: Bund kauft Einfluss in China
EXPORT Deutschland beteiligt sich an einer Investitionsbank unter Leitung Pekings. Die Dominanz der USA in der Entwicklungsfinanzierung bröckelt
BERLIN taz | Die Entscheidung verschiebt die globalen ökonomischen Gewichte: Das Bundeskabinett hat beschlossen, dass sich Deutschland an der von China initiierten Asiatischen Infrastruktur-Investmentbank (AIIB) beteiligt. Das von mehreren Dutzend Staaten getragene Institut mit Sitz in Peking soll unter anderem Netze für Verkehr, Daten, Strom- und Wasserversorgung in Asien finanzieren.
Die Mitglieder, darunter auch Großbritannien, Frankreich und Italien, reagieren darauf, dass der asiatische Wirtschaftsraum mit China und Indien inzwischen eine viel größere Rolle spielt als früher. Die USA, Kanada und Japan beteiligen sich vorläufig nicht. Aus der US-Regierung und dem Kongress war in den vergangenen Monaten Kritik an der Mitwirkung der Europäer zu hören. US-Außenminister John Kerry unterstützt die Bank-Gründung mittlerweile jedoch.
Die Bundesregierung will zunächst einen Anteil von 4,1 Prozent an dem neuen Institut übernehmen. Dafür muss sie ab 2016 rund 800 Millionen Euro einzahlen. Das Kapital der Bank soll insgesamt umgerechnet etwa 90 Milliarden Euro betragen, den größtenteils China halten wird.
Durch die Beteiligung kauft die Bundesregierung Einfluss auf Investitionsentscheidungen. Auch deutsche Unternehmen wollen vom Bau der Bahn-, Daten- und Versorgungsnetze in Asien profitieren. Das Kapital will sich die Bundesregierung auf die Summe der staatlichen Entwicklungshilfe anrechnen.
Die AIIB wird ein regionales Gegengewicht zur Weltbank-Gruppe bilden, in der die USA den größten Stimmenanteil halten. Diese Entwicklungsbank wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet und reflektiert die ökonomischen Machtverhältnisse zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Deswegen beanspruchen China und andere Schwellenländer größere Anteile bei der Weltbank und auch beim Internationalen Währungsfonds, die in Washington sitzen. Einer bereits vor fünf Jahren beschlossenen Reform hat der US-Kongress noch nicht zugestimmt.
„Man kann die Gründung der AIIB als Signal für das Ende der US-Hegemonie im internationalen System der Entwicklungsbanken interpretieren“, sagt Peter Wolff vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik. „Man kann diese Bankengründung aber auch als einen Schritt zur Normalisierung verstehen, hin zu einer stärkeren Regionalisierung der Entwicklungsfinanzierung, ergänzt Wolff. HANNES KOCH