: Hochzeit mit dem Hund
HOMO-EHE Die Angst der Konservativen: Alle dürfen alles heiraten
Die Ministerpräsidentin des Saarlandes, Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), hat die Bedenken der Gegner der Homo-Ehe auf den Punkt gebracht: „Wenn wir diese Definition öffnen in eine auf Dauer angelegte Verantwortungspartnerschaft zweier erwachsener Menschen, sind andere Forderungen nicht auszuschließen: etwa eine Heirat unter engen Verwandten oder von mehr als zwei Menschen“, mahnte Kramp-Karrenbauer jüngst in einem Interview.
Ein Gespenst geht um in den konservierenden Kreisen der Bevölkerung: „Darf jetzt bald jeder jeden heiraten?“, fragt Franz Sattler, Kreisvorsitzender der CSU Hinterbayern, bei einer Blitzumfrage des Bayernkurier sorgenvoll, „das geht doch nicht! Und unfair ist das obendrein! Schon rein wirtschaftlich. Wenn das zu meiner Zeit schon möglich gewesen wäre, hätt ich auch lieber den Müller-Sepp genommen. Dem seine Molkerei hätt doch viel besser zu meinen 120 Milchkühen gepasst als die Gärtnerei von der Ilse!“ Dennoch, betont Sattler, ginge es nicht nur um ökonomische Gleichstellung. „Die größeren Dutteln hat der mittlerweile auch“, versetzt der Landwirt mit einem Anflug von Traurigkeit.
Doch wäre es kurzsichtig zu glauben, bei der Frage um die Gleichstellung homosexueller Partnerschaften ginge es nur um unterdrücktes sexuelles Verlangen und Geldgier, nein auch tiefe, seelische Komponenten, so der Moral-Theologe Ignazius Georg von Leinenfels, seines Zeichens Dekan der katholischen Universität Limburg-Nassau, spielen in der Diskussion eine Rolle: „Wenn Sie sich das Sozialverhalten der meisten Menschen heute anschauen, werden Sie bemerken, dass ein nicht unerheblicher Teil intensivere Beziehungen zu ihrem Auto, ihren Balkonpflanzen oder ihrem Handy pflegen als zu den Menschen in ihrer nächsten Umgebung. Von dem Verhältnis zu Hunden ganz zu schweigen“, erklärt von Leinenfels im Magazin Chrismon und fügt hinzu: „Denken Sie nur an die Geschichte. Schließlich ist dieses Land schon einmal von einem Mann geführt worden, der – wenn er es denn gekonnt hätte – am liebsten seinen Schäferhund geheiratet hätte.“
Und dabei seien die zahlreichen Zeitgenossen, die eine innigliche Bindung zu ihrer Stammkneipe hegen, wo sie stundenlange Gespräche mit mehreren Bieren führen – man spricht hier von einem polycervisialen Abhängigkeitsverhältnis – noch gar nicht eingehend untersucht.
Olaf Tümmler, Vorsitzender der HCOW (Hysterische Christen Ostwestfalens) sieht das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht: „Das ist erst der Anfang!“, verkündet er mit sich überschlagender Stimme bei Radio Energy und macht seinem Verein damit alle Ehre. „Sogar Dinge untereinander gehen bereits derart enge Bindungen ein, dass man nur an Sex denken kann. Da bin ich das beste Beispiel: Ich denke die ganze Zeit an Sex und will das gar nicht! Das kann nur an diesen Dingen liegen!“ Und dass diese Gegenstände dann auch bald miteinander in den Ehestand treten wollen, sei ja wohl klar, so der Katholik Tümmler.
Sein evangelisches Pendant Kay-Dieter Lanck, Präsident der BPMV (Besorgte Protestanten Mecklenburg-Vorpommern), hat sogar bemerkenswerte Dreiecksgeschichten auf Lager. „Warum, glauben Sie denn, ist es so, dass ich, wenn ich mein Garagentor öffne, stets das Gefühl habe, vergessen zu haben, die Herdplatte abzudrehen, sodass ich – kaum betrete ich das Haus erneut – die Alarmanlage auslöse? Das haben die drei sich doch schön miteinander ausgemacht. Die haben was miteinander!“, berichtet Lanck auf RTL II.
Solche Auffassungen seien natürlich albern, meint der Zukunftsforscher Anastasius Zacharias, Professor der Fernuniversität Neukölln-Palermo-Minsk, er sähe die Gefahren vielmehr darin, „dass, wenn sich einmal die zunehmend intelligenten Haushaltsgeräte, wie Kühlschränke mit Internetanschluss und Staubsauger-Roboter, zu elektronischen Beziehungsgeflechten zusammenfinden, diese auch darauf pochen würden, als Lebensgemeinschaften steuerlich veranlagt zu werden. Von dem versicherungsmathematischen Desaster, das durch die unterschiedlich langen Produktlebenszeiten verursacht wird, gar nicht zu reden“, so der Professor in der Apotheken Umschau.
Und so steht tatsächlich zu befürchten, dass ein jahrhundertealtes Erfolgsmodell langsam, aber sicher verschwindet. Wo ist denn in dieser unübersichtlichen Welt dann noch Platz für den alkoholisierten Familientyrannen, der nachts nach Hause kommt und seine Frau wie die Kinder so lange verprügelt, bis sie sich scheiden lassen will, was er wiederum mit gezieltem Schusswaffeneinsatz verhindert, sodass die ganze Geschichte unter dem Titel „Familiendrama“ in der Rubrik „Vermischtes“ auftaucht? Tja, wo?
Tatsächlich scheint es so, als bliebe den Bewahrern des Wahren und Reinen heutzutage als letzte Zuflucht nur mehr der Salafismus. Es gibt also noch Hoffnung. SEVERIN GROEBNER