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Archiv-Artikel

Verurteilt wegen „Beamtenbeleidigung“

JUSTIZ Eine Frau greift in eine vermeintlich rassistische Polizeikontrolle ein – jetzt wird sie verwarnt

Dezember 2014, vor dem S-Bahnhof Frankfurter Allee: Eine Frau beobachtet, wie Bundespolizisten einen schwarzen Mann kontrollieren. „Warum machen Sie das?“, fragt sie. Einer der Polizisten antwortet, dass an dieser Stelle häufiger Kontrollen wegen illegaler Migration und Zigarettenschmuggel durchgeführt würden. Die Frau fragt: „Kontrollieren Sie auch Weiße – oder ist das eine rassistische Polizeikontrolle?“ Der Polizist wirft der Frau vor, dass sie ihn einen „Rassisten“ genannt und ihm unterstellt habe, dass sein Verhalten „nazistisch“ sei. Die Frau bestreitet dies.

Ungewöhnliches Urteil

Am gestrigen Dienstag wurde sie vom Amtsgericht Turmstraße wegen „Beleidigung eines Polizeibeamten“ verwarnt. Das bedeutet: Das Gericht verurteilte sie zwar zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen, setzte diese aber für ein Jahr auf Bewährung aus.

„Das ist ein ungewöhnliches Urteil“, sagt Maren Burckhardt, die Anwältin der Angeklagten, auf Anfrage der taz. In solchen Fällen gäbe es normalerweise direkt eine Geldstrafe. „Die Beamten haben den Unterschied zwischen Befragung und Kontrolle nicht verstanden. Eine Kontrolle kann nur dann rechtmäßig durchgeführt werden, wenn die Befragung einen ausreichenden Verdacht ergeben hat“, so Burckardt. Die Beamten hätten die Ausweiskontrolle aber als Teil der „Befragung“ des Mannes aufgefasst. Zudem hätten sie kein hinreichendes Verdachtsmoment nennen können.

Auch konnte im Verlauf der Verhandlung nicht erwiesen werden, dass Verbrechen wie Zigarettenschmuggel oder illegale Migration am S-Bahnhof Frankfurter Allee so häufig auftreten, dass eine verdachtsunabhängige Kontrolle gerechtfertigt sei, so die Anwältin.

Biplab Basu von der Kampagne für Opfer rassistischer Polizeigewalt kritisierte das Vorgehen des Gerichts: „Dass der kontrollierte Mann dunkelhäutig war, wurde überhaupt nicht in Betracht gezogen.“ PHILIPP IDEL