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Archiv-Artikel

Mit neuem Namen und alten Sprüchen

FRANKREICH Nicolas Sarkozy will zurück an die Macht. Die Fehltritte der Vergangenheit werden übertüncht, die Gegner verunglimpft

Gegen eine „Multikulti“-Ideologie, die aus der Republik ein „kommunitaristisches“ Patchwork macht

AUS PARIS RUDOLF BALMER

In Paris feierte die bürgerliche Opposition am Samstag unter Nicolas Sarkozy ihre Neugründung. Mit der Umbenennung der UMP in „Les Républicains“ strebt der Exstaatspräsident nun für 2017 die Rückeroberung der Macht an. Im Saal ertönten allenthalben der Kampfruf „Hollande Démission“ und wie als Echo darauf der Slogan „Nicolas Président“. Offiziell handelt es sich um einen Neustart einer konservativen Partei, der bisherigen Union pour un Mouvement Populaire. Doch allen Anwesenden ist bewusst, dass dieser als große Show inszenierte Parteitag der persönlichen Ambition von Nicolas Sarkozy dient. Er hatte 2012 den Kampf um seine Wiederwahl gegen den heutigen Staatschef François Hollande verloren.

Seit dieser Schmach sinnt er auf Revanche. Tatsächlich scheint ihn jetzt nichts und niemand mehr von einer Kandidatur abhalten zu können. Seine Strategie der Rückkehr gleicht einer Dreistufenrakete: Die erste Etappe nahm er im November 2014 mit seiner Wahl zum UMP-Parteichef. Den zweiten Schritt macht er jetzt, indem er die durch seine eigene Niederlage und durch diverse Finanzaffären diskreditiert Partei neu einkleidet und in eine Wahlkampfmaschine umwandelt. Die dritte Stufe, die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten bei internen Vorwahlen im November 2016, sollte dann eine reine Formsache werden. Höchstens die Untersuchungsrichter, die weiterhin in mehreren Dossiers gegen ihn ermitteln, könnten allenfalls dieses Kalkül noch durchkreuzen.

Bevor die rund 20.000 Anwesenden im Ausstellungsgelände La Villette im Norden von Paris ihren Parteichef bejubeln durften, mussten sie einen Marathon von 60 Rednern erdulden, die sich alle mit mehr oder weniger Erfolg bemühten, die Stimmung vor dem Auftritt des Superstars anzuheizen. Mit dankbarem Applaus bedachten die „Republikaner“ auch einen Gruß in Form einer Videobotschaft der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, die auf eine „weiterhin gute Zusammenarbeit“ zwischen den Unionsparteien und den französischen Partnern hofft.

Als Sarkozys schließlich eintraf, hatte er die größte Mühe, sich durch die Menge der versammelten Fans den Weg zur Rednertribüne zu bahnen. Alle politischen und formellen Hindernisse dagegen sind vorher beseitigt worden. In einer elektronischen Abstimmung haben sich 83 Prozent für den neuen Namen, 96 Prozent für die neuen Statuten und 95 Prozent für die Zusammensetzung der Parteiführung ausgesprochen. Bereits am Vorabend des ersten Parteitags der französischen „Republikaner“ hatte Sarkozy einen Appell zur Einheit lanciert: Hinter der Fahne der „Republikaner“ sollten sich alle einfinden, „die unter dem Zurückweichen der Republik leiden und sich dem entschlossen widersetzen wollen“. Der Streit um den Namen „Die Republikaner“ ist für ihn passé, aber noch immer Thema für Polemik mit den Sozialisten: „Denjenigen, die uns beschuldigen, die Republik zu konfiszieren, antworten wir: Wenn sie selber die Republik nicht verraten, aufgegeben und erniedrigt hätten, müssten wir sie heute nicht wieder aufrichten.“ Er warf der regierenden Linken vor, sie habe die Republik „an geschäftige Minoritäten und und Wählerklientelen ausgeliefert“.

Sarkozy grenzte sich in Anspielung auf die Integrationsprobleme mit muslimischen Mitbürgern deutlich von einer „Multikulti“-Ideologie ab, die aus der weltlichen Republik ein „kommunitaristisches“ Patchwork von Gemeinschaften mache, die sich gegenseitig „um Herkunft und Gedenken streiten“.

Wie sehr heute Sarkozy vorerst die internen Machtkämpfe zu seinen Gunsten entschieden hat, äußerte sich in den Pfiffen und Buhrufen für seine Konkurrenten François Fillon und Alain Juppé. Letzterer meinte zu dieser unschönen Schmähung: „Das schmerzt mich, ändert aber nichts an meiner Entschlossenheit. Ihr seid meine politische Familie.“ Laut einer Umfrage vom Freitag wünschen 72 Prozent der Franzosen nicht, dass Sarkozy bei den Präsidentschaftswahlen 2017 kandidiert, und acht von zehn Befragten meinen, der neue Parteiname allein sei noch kein Neubeginn.