: Linke Mythen, neue Rechte
KRIEG Im Haus der Demokratie sorgt die Einladung des Historikers Peter Brandt für heftige Debatten
Die Gedenkveranstaltungen zum 70. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa sind eigentlich vorbei. Doch im Haus der Demokratie löste eine Veranstaltung mit dem Titel „Der 8. Mai 1945 – zwischen Befreiung und neuer Weltordnung der Blöcke“ am vergangenen Freitag schon im Vorfeld heftige Diskussionen aus. Dafür sorgte der Historiker Peter Brandt, den der AK Geschichte Soziale Geschichte Ost-West eingeladen hatte, um linke Mythen zum 8. Mai zu knacken. „Der ‚Tag der Befreiung‘ wurde zugleich zum Auftakt der Errichtung einer neuen Weltordnung imperialistischer Blöcke – und damit der Teilung Europas unter das Regime von Jalta“, hieß es in der Einladung.
Doch viele BesucherInnen wollten über die politische Biografie des Referenten reden. „Er ist nicht nur Mitglied der SPD und ein Vertreter nationalrevolutionären Denkens, der in Medien der ‚Neuen Rechten‘ publiziert. Damit ist er ungeeignet, in einem Haus der Demokratie an einem Podium teilzunehmen“, erklärte die Redaktion der ostdeutschen Zeitschrift telegraph, die von DDR-Oppositionellen herausgegeben wird. Moniert wurde besonders, dass der Sohn des ersten SPD-Bundeskanzlers Willy Brandt Reden vor Burschenschaften hält und Autor und Interviewpartner der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit ist.
Renate Hürtgen vom AK Geschichte Ost-West, in dem linke DDR-Oppositionelle und undogmatische Westlinke zusammenarbeiten, zeigte in ihren einleitenden Worten Verständnis für die KritikerInnen, verteidigte aber auch die Einladung. „Was nun Peter Brandt betrifft, so kann seine politische Torheit, sich auf einen Diskurs mit der Jungen Freiheit einzulassen, seine politische Glaubwürdigkeit als Linkssozialist im sozialdemokratischen Spektrum beschädigen, aber nicht auslöschen“, betont Hürtgen, die im Herbst 1989 zu den VerfasserInnen eines Aufrufs zur Gründung unabhängiger Gewerkschaften in der DDR gehörte. Schaden genommen hat allerdings nicht nur der Frieden im Haus der Demokratie, sondern auch die Diskussion über einen linken Umgang mit dem 8. Mai 1945. „Ich diskutiere gerne über linke Mythen. Aber ich diskutiere sie nicht mit einem Mann, der sich selber als linker Nationalist versteht und den seit den 70er Jahren die Sorge um die deutsche Nation umtreibt“, so eine Kritikerin. PETER NOWAK