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Archiv-Artikel

Eine Frage der Qualität

KRANKENHAUSREFORM Wer schlecht oder unnötig operiert, wird künftig finanziell bestraft, so ein Gesetzentwurf

VON HEIKE HAARHOFF

BERLIN taz | In ein deutsches Krankenhaus zu müssen, das ist für viele Patienten ein Graus: Ärzte wie Pfleger sind chronisch überlastet, viele der bundesweit 1996 Kliniken in baulich miserablem Zustand. Geld für Investitionen fehlt, zugleich steht bald jedes dritte Bett leer, was dazu führt, dass inzwischen 42 Prozent aller Krankenhäuser rote Zahlen schreiben.

Und wer besonderes Pech hat, fängt sich angesichts gruseliger Hygiene einen multiresistenten Keim ein – oder wird wegen mangelnder ärztlicher Routine grottenschlecht operiert beziehungsweise, beinahe schlimmer noch, aufgrund finanzieller Fehlanreize im so genannten Fallpauschalensystem völlig unnötig behandelt. Es gibt also Handlungsbedarf, und den erkannt hat nun auch der Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Sein Haus hat einen noch internen Gesetzentwurf zur „Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung“ erarbeitet, der seinen Weg in die taz fand, 122 Seiten lang ist und es in sich hat: Eine Milliarde Euro will Gröhe allein dafür ausgeben, Überkapazitäten abzubauen, sprich: Abteilungen, in denen seit Jahren kein Knie mehr operiert/ kein Kind mehr geboren/ kein Krebs mehr bestrahlt wurde, zu schließen.

Die Kosten dieses „Strukturfonds“ sollen sich Bund und Länder teilen. Deren Okay hat Gröhe schon im Winter eingeholt; Krankenhausplanung und -finanzierung gehören traditionell zum verminten Terrain in den Bund-Länder-Beziehungen.

Zugleich soll gute Qualität künftig belohnt, schlechte dagegen bestraft werden: „Es werden Qualitätszu- und -abschläge für Leistungen eingeführt, die in außerordentlich guter oder unzureichender Qualität erbracht werden“, heißt es in dem Entwurf. Neben Häusern, die schon heute medizinische Spitzenleistungen erbringen, würden auch solche profitieren, die eine stationäre Notversorgung anbieten. Die Krankenkassen wiederum sollen „Qualitätsverträge“ mit einzelnen Kliniken schließen dürfen, in die sie dann bevorzugt ihre Versicherten schicken.

Kriterien und Indikatoren, wie die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität zu messen sei, soll der Gemeinsame Bundesausschuss entwickeln. Er ist das höchste Gremium innerhalb der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen und soll auch über die Einhaltung wachen. Für bestimmte Behandlungsformen – etwa die Versorgung frühgeborener Kinder – sollen Mindestmengen festgeschrieben werden, und: „Es wird ausdrücklich gesetzlich klargestellt, dass ein Krankenhaus, das eine Leistung erbringt, obwohl es die festgelegte Mindestmenge nicht erreicht, keine Vergütung erhält.“

Die Krankenhausreform soll bis zum Jahr 2020 inklusive Strukturfonds insgesamt 6,4 Milliarden Euro kosten. 90 Prozent davon müssen die gesetzlichen Krankenkassen tragen. Den Mehrausgaben stünden Einsparpotenziale in voraussichtlich dreistelliger Millionenhöhe durch „Struktureffekte“ gegenüber, heißt es in dem Entwurf.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft als Dachverband erklärte verschnupft, die Reform helfe nicht, Lohnerhöhungen, ambulante Notfallversorgung oder Investitionen zu finanzieren. Im Gegenteil: „Inakzeptabel“ seien „die Kürzungen“.