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Archiv-Artikel

MUSIK

hört auf den Sound der Stadt

THOMAS MAUCH

Von Berlin aus gehört, muss man sich wahrscheinlich erst noch daran gewöhnen, dass eine Indieband gar nicht mit der Kraft der Gitarren betrieben werden muss – sondern dass das genauso gut mit dem satten Sound einer Tuba geht oder mit dem Flügelhorn. Und dass man schon auch mit Blasmusik zu einer Art HipHop kommen kann, der dann vielleicht nicht mehr so klingt, wie man den HipHop in Berlin verstehen will. Aber das kann ja den Menschen in, sagen wir mal, Oberammergau ziemlich egal sein. Womit man jetzt bei Kofelgschroa ist. Die kommen also aus Oberammergau und werden gerade nach LaBrassBanda als weitere Trophäe dieser eigentümlichen Musik herumgereicht, die aus diesem halt manchmal auch musikalisch quertreibenden Bayern kommt. Dort, wo man die Lederhose aus einem Trachtenbewusstsein heraus tragen kann, als ironisches Zitat oder eben einfach so. Genau in diesem Spannungsfeld aber muss man sich erst mal zurechtfinden – was dann Berlin wiederum nicht sonderlich interessieren muss, weswegen Kofelgschroa hier, vor allem, wenn man des bayerischen Idioms nicht mächtig ist, schon als so ein verschrobenes volksmusikalisches Ding aus dem Süden hören kann, heute am Donnerstag im Badehaus (Revaler Str. 99, 21 Uhr, 17 €).

Weniger fremdeln muss man da vielleicht mit Attwenger, dem doch deutlich straffer, strenger und stiernackiger argumentierenden Akkordeon-Schlagwerk-Duo aus Oberösterreich, das schon auch irgendwie von der Volksmusik herkommt und anderswie von der Konzeptkunst, die HipHop-Polka genauso sein kann wie ein gar nicht gemütlicher Ländler-Punk oder einfach ein herzhaft attwengerisch ausgebeinter Drum ’n’ Bass, der auf dem neuen Album „Spot“ raffiniert mit Heurigenstimmung und absurdem Swing kontrastiert wird oder so einer musikalischen Alpenidylle, als Vignette, in der in 25 Sekunden das Einfamilienhaus besungen wird: „Einfamilienhaus / i hoit di ned aus“. Schon ziemlich lässig, das. Am Freitag präsentieren Attwenger „Spot“ im Ballhaus Berlin (Chausseestr. 102, 22 Uhr, 14 €).

Andere Folkloren: Mit „Genjer Genjer“ (auch „Gendjer Gendjer“) hat man einen sanft wiegenden Blues aus Indonesien. Eine ergreifende Klage, die in den vierziger Jahren geschrieben wurde. Ein Lied, das auch die (blutige) Geschichte Indonesiens spiegelt, als Kampfhymne gesungen, unter dem diktatorisch regierenden General Suharto verboten, endlich wiederentdeckt. Eine Geschichte, die Tomi Simatupang am Sonntag in Heiners Bar in Neukölln vorstellen wird. Und spielen wird er „Genjer Genjer“ natürlich auch, neben weiteren Liedern aus Indonesien (Weserstr. 58, 20 Uhr).

Weitere Traditionen: mittlerweile regelmäßig zu Gast in Berlin ist Bassekou Kouyate aus Mali mit seiner runderneuerten Griot-Musik, die man mit dem Drang zur Trance auch prima als psychedelischen Rock hören kann, am Dienstag im Lido (Cuvrystr. 7, 20 Uhr, 22 €).