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Archiv-Artikel

„Der Druck schweißt uns zusammen!“

In seinem Wahlkreis Fulda findet der fraktionslose Abgeordnete Martin Hohmann Trost. Viele dort wollen seinen Rauswurf aus der Partei verhindern. Doch der Landesvorstand der hessischen CDU bleibt hart und sperrt Hohmann auch vom Parteitag aus

AUS KÜNZELL KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

„Danke für alle guten Freunde! Danke auch dafür, dass ich meinen größten Feinden verzeihen kann!“ Dieses Gebetsfragment „an den Herrn“ ziert das Foyer des Rathauses zu Künzell im Kreis Fulda. In dessen Saal versammelten sich am Donnerstagabend viele gute (Partei-)Freunde des Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann, der sich am 3. Oktober mit antisemitischen Thesen aus der Bundestagsfraktion der Union und bald wohl auch aus seiner Partei redete.

Der Landesvorstand der hessischen CDU jedenfalls hat gestern Abend einstimmig beschlossen, ein Ausschlussverfahren gegen Hohmann einzuleiten. Mit der sofort wirksamen Aufhebung seiner Mitgliederrechte sorgte die CDU-Spitze auch dafür, dass Hohmann nicht als Delegierter der hessischen Union zum Bundesparteitag der CDU Anfang Dezember in Leipzig reisen kann. Denn trotz aller Kabbeleien zwischen dem hessischen CDU-Landeschef Roland Koch und Angela Merkel: Einen für die Partei insgesamt äußerst peinlichen Auftritt Hohmanns in Leipzig wollte der ehrgeizige Landesfürst seiner Bundesvorsitzenden dann doch nicht zumuten.

In Künzell dagegen war Hohmann ein gern gesehener Gast. „Der Druck von außen schweißt die Parteifreunde hier zusammen“, konstatierte etwa der Chef des Ortsvereins der Gemeinde Petersberg bei Fulda, Ulrich Frey, vor Beginn des Treffens von 90 geladenen Funktionsträgern der CDU aus dem Landkreis mit Hohmann. Dem war es gelungen, sich in der Dunkelheit unbemerkt durch einen Hintereingang ins Rathaus zu schleichen. Die Gesellschaft war „geschlossen“. Und die Türsteherin eisern: „Die Presse bleibt draußen!“

Dort, vor der Tür, machten dafür einige Christdemokraten aus dem Landkreis deutlich, was sie von der „Aussprache“ mit dem ehemaligen Bürgermeister von Neuhof erwarteten, den gestern der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Mainzer Kardinal Karl Lehmann, mit der Einlassung in Schutz nahm, dass Hohmann „zum Sündenbock gemacht“ werde. „Dass er sich eindeutiger als bisher von seinen nicht hinnehmbaren Äußerungen distanziert“, forderte der Unionsvorsitzende von Bad Salzschlirf, Dieter König. Und Hohmann müsse erklären, wie er darauf gekommen sein, „solche Sachen“ vorzutragen. Der bärtige Christdemokrat aus der Kurstadt steht mit seiner Meinung allerdings (fast) allein da. Viele sind nur gekommen, um sich mit Hohmann zu solidarisieren. Und um gemeinsam mit ihm nach Wegen zu suchen, den drohenden Parteiausschluss vielleicht doch noch zu verhindern. „Die Bewährungsauflage“ sei doch Bestrafung genug gewesen, sagt einer im Vorübergehen hastig in die Mikrofone, der Ausschluss „das ganz falsche Signal“. „Der Ausschluss muss verhindert werden!“, sagt ein anderer Unionist gleich für drei weitere Parteifreunde mit, die hinter ihm her – mit den Köpfen nickend – im Rathaus verschwinden.

Hinter dem wuchtigen Gebäude kann man dann durch die Jalousien in den grell beleuchteten Saal blicken: Hohmann gestikuliert dort wild am Rednerpult. Und manchmal lächelt er auch.

Die Politiker, die nach knapp drei Stunden wieder aus dem Rathaus herauskommen, sagen kaum etwas Substanzielles. Viel ist von einer „zweiten Chance“ die Rede, die Hohmann jetzt bekommen müsse. Die klagte umgehend auch der stellvertretende Vorsitzende der hessischen Jungen Union, Peter Gabler, bei Roland Koch ein. Angela Merkel sei doch schon „nur unter dem Mediendruck eingeknickt“. Koch müsse jetzt das „C“ im Kürzel der Partei beachten. Und das stehe für „Nächstenliebe und Vergebung“. Eine entsprechende Resolution verschickte auch die Lauterbacher CDU „nach einstimmigem Beschluss“ an Koch; auch die Vorsitzende der CDU von Flieden, Regina Sievers, appellierte. Wohl vergeblich. Jetzt muss das Parteigericht über das Schicksal Hohmanns entscheiden. Es setzt sich aus drei Juristen aus den Reihen der zerrissenen Landespartei zusammen. Den Vorsitz hat ein pensionierter Richter – nicht aus Fulda.