„Splitterschutz aus Strohballen“

ALTLAST Am Sonntag will die niedersächsische Gemeinde Vechta will eine 500-Kilo-Bombe entschärfen. Neben dem Fundort liegen zwei Gefängnisse. Insgesamt müssen 8.500 Menschen ihre Häuser verlassen

■ Der Erste Stadtrat von Vechta leitet den Evakuierungs-Stab. Foto: privat

Herr Kleier: Sie lassen am Tag nach Weihnachten eine Bombe entschärfen, die in der Nähe zweier Gefängnisse mit 450 Häftlingen gefunden wurde. Was geschieht mit denen?

Josef Kleier: Das liegt in der Verantwortung der Justiz. Die wird die Häftlinge vorübergehend in andere Einrichtungen bringen.

Warum lassen Sie ausgerechnet am Tag nach Weihnachten räumen?

Nahe des Fundortes liegt auch ein Krankenhaus, das größtenteils evakuiert wird. Dort ist die Belegungsdichte zwischen den Feiertagen niedriger als sonst. Größtenteils? Ein Teil der Patienten bleibt also dort?

Ja. Solche, für die ein Transport eine Gefährdung darstellen würde, wie etwa die Frühchen. Die bleiben in der abgewandten Seite des Krankenhauses.

Dort kann nichts passieren?

Wir haben in Absprache mit dem Kampfmittelbeseitigungsdienst und dem Innenministerium erreicht, dass erstmalig in Niedersachen ein 20 Meter breiter und 5 Meter hoher Splitterschutz aus Strohballen und Seecontainern errichtet wurde.

Was für eine Bombe liegt dort genau?

In Vechta gab es während des Krieges einen Flughafen, da ist sehr umfangreich bombardiert worden. Wir glauben, dass es sich um eine amerikanische Zehn-Zentner-Bombe handelt. Das legen zumindest die Ergebnisse der Sondierung nahe. Bisher ist sie aber, wie in solchen Fällen üblich, noch nicht freigelegt.

Das heißt, Sie wissen gar nicht, ob es überhaupt eine Bombe gibt?

Wir sind uns aber zu 99 Prozent sicher. In anderen Städten sind in der Tat schon Metallgegenstände mit Bomben verwechselt worden. Das wird hier aber nicht passieren.

Was geschieht am Sonntag, wenn alles glatt läuft?

Das günstigste Szenario ist, dass am Fundort das Zündwerk freigelegt und die Bombe dann entschärft wird. Falls das nicht gelingt, wird sie aus der Umgebung der unmittelbaren Bebauung heraus und kontrolliert zur Explosion gebracht.

Und die 8.000 Bewohner der Umgebung?

Für die gibt es einen Aufenthaltsraum in einer Schule, mit Frühstück und Mittagessen. 100 Mitarbeiter der Stadtverwaltung werden das organisieren.

Also fast alle. Mussten Sie dazu eine Urlaubssperre verhängen?

Nein, das haben wir mit freiwilligen Erklärungen hingekriegt.

INTERVIEW: CJA