: „Uns ist das egal“
RUGBY Der walisische Nationalheros Gareth Thomas ist schwul. Nach Jahren des Versteckspiels bekennt er sich am Ende einer irren Karriere zu seiner Homosexualität
AUS DUBLIN RALF SOTSCHECK
Rugby ist ein Spiel für harte Männer, wie Gareth Thomas einer ist. Der 35-jährige Waliser ist 1 Meter 90 groß und mehr als 100 Kilo schwer. Er hat seine Vorderzähne beim Rugby eingebüßt. Mit genau hundert Einsätzen ist er Rekordnationalspieler seines Landes und hat in seiner internationalen Karriere sagenhafte 41 Versuche erzielt. Seit dem Wochenende ist er der erste noch aktive Rugbystar, der sich als schwul geoutet hat.
Alfie, wie er wegen seiner angeblichen Ähnlichkeit mit dem Fernsehserien-Alf genannt wird, sagte in einem Interview mit der Daily Mail, er wisse von seiner Homosexualität seit 18 oder 19 Jahren. Doch als er seine Karriere als Profi begann, waren die Zeiten anders. „Ich glaube nicht, dass ich all das erreicht hätte, wenn ich mich damals geoutet hätte“, sagt er. „Rugby ist der härteste, machohafteste Sport. Es gehört ein bestimmtes Image dazu. Es ist barbarisch. Ich hätte mich niemals outen können, ohne vorher den Respekt als Spieler verdient zu haben.“ Es sei ein bisschen wie bei der Armee, bei der es offiziell auch keine Homosexualität gebe. Er sei ein Meister der Täuschung gewesen und habe manchmal Schlägereien angezettelt, damit ja kein Verdacht aufkam, sagt Thomas. „Ich habe ständig sexuelle Abenteuer mit Mädchen erfunden.“
Im Jahr 2002 heiratete er seine Jugendliebe Jemma. In den folgenden Jahren erlitt sie drei Fehlgeburten. „Das Verrückte mit Jemma war, dass ich sie wirklich geliebt habe“, sagt Thomas. „Sie war das netteste, warmherzigste, verständnisvollste und hübscheste Mädchen, das ich jemals getroffen habe.“ Thomas ging jede Woche in die Kirche und betete, dass seine Homosexualität verschwinden würde.
2006 erzählte er es schließlich seiner Frau. „Mein Leben schien aus den Fugen zu geraten“, sagt er. „Jemma und ich trennten uns, ich hatte Angst vor der Zukunft und davor, als Schwuler allein zu sein.“ Im November desselben Jahres brach er nach einem Spiel in Cardiff im Umkleideraum weinend zusammen. Er vertraute sich einem der Assistenztrainer, Scott Johnson, an, und der sprach mit zwei, drei Teamkameraden, während Thomas in der Bar wartete. „Ich hatte irrsinnige Angst vor ihrer Reaktion“, sagt er. Doch die beiden Spieler klopften ihm auf die Schulter und sagten: „Wieso hast du uns das nicht früher gesagt? Uns ist das egal.“ Danach offenbarte er sich dem Rest des Teams. „Niemand hat sich von mir distanziert, kein Mensch“, sagt er.
Sein öffentliches Coming-out ist deshalb in Rugbykreisen eher mit Schulterzucken aufgenommen worden. Sein Trainer Dai Young von den Cardiff Blues sagte: „Es ist wirklich keine große Sache. Wir schreiben 2009. Warum wird diese Geschichte so aufgeblasen? Wir alle unterstützen ihn jedenfalls.“
Der Geschäftsführer des Vereins, Robert Norster, sagte: „Sein Privatleben ist seine eigene Angelegenheit. Gareth wird immer für seine Leistungen als Spieler verehrt werden, und er verdient seinen Ehrenplatz in der walisischen Rugbygeschichte.“
Und Roger Lewis vom walisischen Rugbyverband fügte hinzu: „Während Gareths Privatleben vollkommen irrelevant in Hinblick auf seine Karriere als internationaler Sportler ist, möchte ich es nicht versäumen, ihn jetzt, wo er solch persönliche Dinge an die Öffentlichkeit bringt, an die hohe Wertschätzung zu erinnern, die er in Wales genießt.“
Thomas sagt, er wisse nicht, ob sein Leben jetzt einfacher sein werde, aber wenn sein Outing jemand anderem helfe, sei es die Sache wert gewesen. „Ich beginne jetzt keinen Kreuzzug, aber ich bin stolz darauf, wer ich bin“, sagt er. „Ich habe im Rugby alles erreicht, was ich mir erträumen konnte, und das als Schwuler.“