: Der Altkanzler als Werbemittel für die SPD
Während Gerhard Schröder für den Wahlkampf der niedersächsischen Sozialdemokraten nur im kleinen Kreis auftritt, schmeißt er sich offensiv für den Hamburger SPD-Spitzenkandidaten Michael Naumann ins Zeug. Polit-Alphatiere vergessen nie
„Euch mach ich fertig“, soll Gerhard Schröder die Genossen seiner Niedersachsen-SPD im November 2003 am Rande des Bochumer Parteitags angefaucht haben. Nicht wenig Alkohol soll dabei im Spiel gewesen sein. Vor allem aber, dass der damalige Parteichef und Kanzler seine eigenen Leute für die Abstimmungspleiten des damaligen Generalsekretärs Olaf Scholz und Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Clement mitverantwortlich machte. „Was ihr da abgeliefert habt“, donnerte Schröder angeblich, „war eine Sauerei.“ Im Zentrum der Kanzler-Wut: Der damalige Landesparteichef Wolfgang Jüttner.
Polit-Alphatiere vergessen nie. Deshalb wirken diese und weitere Zankereien unter den hannoverschen SPD-Granden nach: Während der Aufsichtsratschef des russischen Gaspipeline-Konsortiums am heutigen Dienstag den Auftakt der heißen Wahlkampfphase der SPD in Hamburg bestreitet, fehlte Schröder als Werbemittel am Sonntag bei der gleichen Veranstaltung der Niedersachsen-SPD in Braunschweig. Selbst der Chef des Braunschweiger SPD-Bezirks, Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, ließ sich entschuldigen.
Schröder, wohnhaft im hannoverschen Zooviertel, hält sich nicht nur beim Wahlkampf des eigenen Landesverbands zurück. Gleichzeitig pusht er seinen einstigen Kulturstaatsminister und derzeitigen Spitzenkandidaten an der Alster, Michael Naumann, auffällig.
Ein Spitzen-Engagement für den Spitzenkandidaten der Niedersachsen-SPD würde „wenig glaubhaft“ klingen, hatte Schröder bei einem kulturpolitischen Empfang der Partei im Dezember in Celle gesagt. Und doch war das sein Einsatz für Jüttner, wenn auch mit begrenzter Wirkung: nur Künstler und Journalisten waren zugegen. Zu viele Gräben trennen den Parteilinken Jüttner und den Agenda- und Auto-Kanzler. Am Sonntag Abend bequemte er sich dennoch erneut zu einem Empfang anlässlich der Tagung des SPD-Parteivorstands ins hannoversche Rathaus. Auch hier das Prinzip kleiner Kreis. Die Promi-Dichte war mit Kurt Beck, Peter Struck und Peer Steinbrück nicht gering. Dennoch richteten sich alle Kameras auf den 1,74 Meter-Scheinzwerg.
Der rumpelte gegen den „merkwürdigen Mensch“ Roland Koch, gegen Angela Merkel und Christian Wulff. Dann wandte er sich an Jüttner. „Lieber Wolfgang, wir waren nicht immer einer Meinung“, sagte der Altkanzler und erwähnte, dass der Wolfgang ihm in vielen Ämtern als Bezirks-, Landes- und Fraktionschef gefolgt war. Warum nicht auch als Ministerpräsident in Niedersachsen? „Ich wünsch’ mir das jedenfalls“, sagte Schröder gönnerhaft. Und: „Nun siegt mal schön.“ Sein letzter Auftritt für die Niedersachsen-SPD.
Für die Alster-Sozen geht dagegen was: Sowohl Ex-Landesparteichef Olaf Scholz, heute Bundesarbeitsminister, wie auch Michael Naumann gehören zu den Frog, den Friends of Gerd. Als die Hamburg-SPD im März den Zeit-Herausgeber aus dem Hut zauberte, sekundierte Schröder, Naumann sei eine „vorzügliche Wahl“, ein „intellektuell brillanter Kopf“. Naumann pries Schröder als „den besten Wahlkämpfer, den die Bundesrepublik je gesehen hat“. Folgerichtig ist der öffentlichkeitswirksame Auftritt heute im Congress Center Hamburg. Es dürfte nicht Schröders letzter Einsatz für Naumann gewesen sein. KAI SCHÖNEBERG