: Kiel spaltet den Kern
Die schleswig-holsteinische Landeshauptstadt verlässt den regionalen Wirtschaftsverbund „Kern“. Die Opposition findet das Vorgehen der Oberbürgermeisterin „völlig indiskutabel“. Am Donnerstag soll nochmal verhandelt werden
Die Oberbürgermeisterin von Kiel, Angelika Volquartz (CDU), hat die Mitgliedschaft der Landeshauptstadt im regionalen Wirtschaftsförderungsverein „Kern“ gekündigt. Der Name setzt sich zusammen aus den beteiligten Städten Kiel, Eckernförde, Rendsburg und Neumünster, außerdem gehören der Kreis Rendsburg-Eckernförde und mehrere Verbände sowie kleinere Gemeinden zur Kern-Region. Aus Kern wird Ern.
Um Volquartz’ Eilentscheidung, die kurz vor Weihnachten fiel, gibt es jetzt Ärger. „Völlig indiskutabel“ sei das Vorgehen der CDU-Bürgermeisterin, sagen die Vorsitzenden der Ratsfraktionen von SPD und FDP, Ratsfrau Cathy Kietzer und Ratsherr Jan Huuk. Es geht ihnen nicht um die Sache, sondern um die Art und Weise: Volquartz hätte die Ratsversammlung, zumindest den Hauptausschuss sofort informieren müssen – der Hauptausschuss tagte an dem Tag, als die Oberbürgermeisterin ihre Entscheidung traf. Volquartz „hat mit diesem Fehler die Rechte der Ratsversammlung grob missachtet“, sagen Kietzer und Huuk. Aus dem Kieler Rathaus hieß es gestern auf Anfrage, Volquartz werde das Thema auf der Ratsversammlung am Donnerstag ansprechen. Die schnelle Kündigung wird damit begründet, dass sonst der Austritt vor Jahresende nicht mehr wirksam geworden wäre und sich die Mitgliedschaft verlängert hätte.
Die Kieler Kern-Spaltung trifft den Verein nicht unerwartet: Der Kreis Plön ist bereits ausgetreten, die Stadt Neumünster und der Kreis Rendsburg-Eckernförde planen den Schritt ebenfalls. In Rendsburg wird an einer Nachfolgelösung gestrickt, die SPD des Kreises Rendsburg-Eckernförde hat dazu ein Positionspapier entwickelt. Laut Bericht der Landeszeitung will die SPD keine Wirtschaftsförderungsgesellschaft für die ganze Region mehr, sie brächte nur „zusätzliche Kosten ohne zusätzliche Effekte“. Stattdessen könnte sich ein Nachfolgeverein auf Werbung für die Region und ihre wirtschaftlichen Stärken beschränken sowie Fördermittel beschaffen. Die örtlichen Gremien beraten, umgesetzt ist noch nichts.
Die Kern-Region wurde 1991 mit dem Ziel gegründet, die Kooperation zwischen den Kommunen und Verbänden zu stärken, die technologische Entwicklung zu fördern und für die Region zu werben. Das Gebiet umfasst die wirtschaftlich starken Städte in Schleswig-Holsteins Mitte – die sich allerdings teilweise lieber in Richtung Hamburg orientieren.ESTHER GEISSLINGER