gustav kluge, maler und holzschneider
: Verworfene Mutanten

GUSTAV KLUGE, 60, Maler und Grafiker, hat 1974 die Hamburger Produzentengalerie mit gegründet. FOTO: PRIVAT

Man könnte sagen, er ist ein bisschen still. Niedersächsisch-wortkarg und nicht sehr geneigt, das eigene Werk an die große Glocke zu hängen. Aber das könnte auch an den Themen liegen, die der Hamburger Maler und Grafiker Gustav Kluge verarbeitet. Denn nicht zufällig bekommt er im April in der Berliner Akademie der Künste den Käthe-Kollwitz-Preis. Und diese Künstlerin war wahrlich keine fröhliche.

Für die Fokussierung der „Phänomene des Übergangs zwischen Leben und Tod“ wird der in Hamburg lebende Maler, Galerie-Gründer und Ex-Lehrer, der 1996 den Karlsruher Preis der Stiftung Bibel und Kultur bekam, diesmal geehrt. Die Berliner Jury preist seinen jahrzehntelang unveränderten Stil – normalerweise eher ein Ausschlusskriterium, wenn es um innovative Kunst geht.

Gustav Kluge selbst möchte das auch gar nicht so gern hören. „1995 hat es einen großen stilistischen und thematischen Schnitt in meinem Werk gegeben“, betont er. Den vom Fabulieren zur Realität nämlich: Bis dato hatte der Maler und Holzschneider ausschließlich Phantasiegestalten erschaffen. Den Zyklus über Mutanten zum Beispiel, bestückt mit Wesen, die der Genpool der Evolution schuf und wieder verwarf – sprich: nicht weitervererbte. Opfer der Evolution sozusagen. Ob Gustav Kluge das aktuelle Irrlichtern der Gentechnik da schon mitdachte? „Das Thema wurde damals noch gar nicht öffentlich diskutiert. Es existierte eher unterschwellig – auch in mir.“

Ab 1995 hat er dann nach lebenden Modellen gemalt. Er wollte Porträts real existierender Menschen fertigen und keine alttestamentarischen Episoden mehr erzählen. Wollte Geschichten und Schicksale aufscheinen lassen in den Figuren, die ein bisschen wie bei Munch oder Ensor wirken – und immer leicht entrückt.

Explizit sozialkritisch sei das alles zwar nicht, sagt Kluge. Sein jüngstes Projekt passt aber akkurat zum Image des Käthe-Kollwitz-Preises: Ein „Teamporträt Moabit“ ist das nämlich. Abgebildet ist ein Gruppe von Therapeuten, die Folteropfer behandeln. Ganz so unpolitisch, wie er tut, ist Gustav Kluge nicht. PS