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Archiv-Artikel

Bio-Kupfer-Böden

betr.: „Gifte? Aber gern!“, taz vom 8. 2. 08

Ich bin nicht unbedingt von der „Bio-Lobpreisung“ überzeugt. In Biobetrieben sind synthetische Pflanzenschutzmittel nicht zugelassen und somit wird auf umweltfreundliche Mittel aus Naturstoffen zurückgegriffen (wie Neemazal als Insektizid, welches aus dem Neembaum gewonnen wird). Jedoch machen vor allem in der Obst- und Gemüsebauproduktion die Insektizide einen eher geringeren Anteil aus. Durch tierische Schädlinge hervorgerufenen Ernteausfälle machen ca. 15 bis 20 Prozent der nicht verkaufsfähigen Ware aus. Weitaus stärker fallen Viren, Bakterien und Unkräuter (Wildkräuter) ins Gewicht mit ca. 30 bis 50 Prozent der nicht verkaufsfähigen Ware. Die restlichen Prozent gehen auf Pilzbefall oder mechanische Schäden (Regen, Frost, Hagel) zurück.

In Ländern mit hohen Niederschlagsmengen, wie Deutschland, sind Ernteausfälle durch Pilze weitaus bedeutender! Es fängt beim echten Mehltau an und endet bei der Krautfäule von Kartoffeln („Irische Hungersnot“). Hier muss mit Fungiziden gearbeitet werden, welche in der Regel auch synthetisch hergestellt und somit im Bioanbau ebenfalls nicht verwendet werden. Wobei diese Mittel weitaus weniger persistent sind als Insektizide, und ihre Halbwertzeiten derartig gering sind, dass sie kaum ins Gewicht fallen.

Nun müssen Biobetriebe auf Alternativen im Fungizidbereich zurückgreifen, und das sind in aller Regel Fungizide auf Kupferbasis, die Böden und Grundwasser stärker verseuchen, als synthetische Mittel. Kupfer setzt sich als Schwermetall im Boden fest, gelangt nach und nach ins Grundwasser und verunreinigt selbiges. Wenn ich einen unserer Produktionsgartenbau-Professoren zitiere, könnte auf manchen Produktionsflächen des Bioanbaus Kupfer gewonnen werden.

Ich sehe es aber auch so, dass es hier eher um die Frage „Pest oder Cholera“ als um „Gut oder Böse“ geht. Ergänzend ist der so oft ins Gespräch gebrachte CO-Ausstoß bei dem nichtsynthetischen Mittel Neemazal nicht gerade gering, der Neembaum wächst nicht in unseren Breiten. Für ihn werden Flächen gerodet und der Transport hierher … Aber ich lasse das Thema jetzt lieber außen vor.

Bio = gut, konventionell = schlecht ist eine Rechnung, die definitiv nicht aufgeht. TOBIAS NAGEL, Osnabrück

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