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Archiv-Artikel

berlinale szene Jungschauspieler

Pflichtbewusstes Peilen

Mit den Berlinale-Partys ist es wie mit den wirklich sehenswerten Filmen und mit vielen anderen Dingen im Leben: Man kriegt erst was davon mit, wenn es schon vorbei ist. Andererseits trifft auch auf die Berlinale-Party das alte Sprichwort zu: Kennste eine, kennste alle.

Auf den Filmpartys erkennt man deutsche Jungschauspieler, auch wenn ihre Gesichter noch nicht so bekannt sind, immer an ihrem immer leicht exaltierten Auftreten. Während älter gewordene Jungregisseure leicht eingeknickt, als trügen sie die ganze Last dieser Welt auf ihren Schultern, an der Bar stehen, gehen männliche Jungschauspieler betont elastisch umher und tragen ihre Anzüge auf eine leicht verrutschte, verwegene Art – immer so, als kämen sie gerade vom Koksen, aus einer Schlägerei oder einer sonst wie aufregenden Situation. Pflichtbewusst benehmen sie sich leicht daneben, das Haar fällt immer ein bisschen strähnig in die Stirn, sie schauen sich mit wachen, leicht gehetzten Augen um. Man sieht sie überall, eben noch bei einer Filmvorführung, jetzt schon wieder, auf der Revolver-Party im Festsaal Kreuzberg.

Dort hat man im Hof ein weißes Zelt aufgestellt, dort kann man sich schön an weiße Stehtische stellen und die Lage peilen. Der Zeltboden ist mit Teppich ausgelegt, und weil so ein Hof seine Unebenheiten und Mulden hat, stolpert jeder Jungschauspieler kurz hinter dem Eingang über ein teppichüberspanntes Schlagloch. CHRISTIANE RÖSINGER