„Kein wilder Privatisierer“

Fünf Interviews zur Bürgerschaftswahl (I): FDP-Spitzenkandidat Hinnerk Fock über Steuern, die er senken, und öffentliche Unternehmen, die er privatisieren will. Sein Wunschpartner: die CDU

HINNERK FOCK, 64, gelernter Werbefachmann, von 2003 bis 2007 Bezirksamtsleiter in Altona, erarbeitete das FDP-Grundsatzprogrammm mit.

INTERVIEW MARCO CARINI
UND SVEN-MICHAEL VEIT

taz: Herr Fock, sind Sie nachtragend?

Hinnerk Fock: Eigentlich nicht. Warum die Frage?

Weil die CDU Sie vor kurzem als Altonaer Bezirkschef ausgebootet hat und Sie trotzdem nur mit der CDU koalieren wollen.

Koalitionen sind keine Liebesheiraten. Bei den meisten Kernthemen, etwa Wirtschaft und Bildung, liegen wir mit der CDU deutlich mehr auf einer Linie als mit der SPD. Und da Ole von Beust es allein nicht schafft, braucht er einen Partner, der der Stadt ökonomisch weiterhilft.

Was kann die FDP denn besser als die CDU?

Der Senat braucht eine frische FDP, die sich vor allem um den Mittelstand kümmert. Es geht doch nicht nur um Airbus und den Containerumschlag im Hafen. Andere Betriebe fühlen sich vom Senat miserabel behandelt. Wenn der Laden nicht läuft, kommt bei der Norddeutschen Affinerie der Bürgermeister, beim Mittelständler aber nur der Gerichtsvollzieher.

Die Wirtschaft vermisst die FDP aber gar nicht: 98 Prozent der Manager sind laut Umfragen mit den Standortbedingungen der Stadt zufrieden.

Aber Hamburg kann es besser. Jeder Manager wird ihnen auch bestätigen, dass wir die Bürokratiehauptstadt der Republik sind. Nicht ohne Grund wollen rund 60 Prozent der Hamburger Unternehmer eine schwarz-gelbe Koalition. Das spricht für sich.

Sollte es am Wahlabend hessische Verhältnisse geben – mit wem wird die FDP dann über eine Koalition sprechen?

Wir wollen die Koalition eindeutig nur mit der CDU und haben uns kein Hintertürchen offen gelassen. Und wir werden uns an das halten, was wir vor der Wahl gesagt haben.

Gibt es eigentlich eine Steuer, die die FDP nicht senken oder abschaffen will?

Wir wollen nur die Gewerbe- und die Grundsteuer senken. Wir haben eine Gewerbevertreibungssteuer, die uns Nachteile gegenüber dem Umland verschafft. Diese müssen wir kurzfristig senken. Die Grundsteuer belastet vor allem die Mieter. Deshalb muss sie runter, damit alle wieder mehr in der Tasche haben.

Sie wollen fast das gesamte öffentliche Vermögen verscherbeln: Hochbahn, HHLA, selbst die Saga. Welchen Sinn hat das für das Gemeinwohl?

Ich bin kein wilder Privatisierer. Bei den angesprochenen Unternehmen werden wir eine Privatisierung prüfen und nur dann vorantreiben, wenn es sich rechnet. Die Erlöse sollen ausschließlich zur Schuldentilgung verwendet werden.

Die soziale Spaltung des Stadt ist eines der zentralen Wahlkampfthemen – allein die FDP schweigt dazu.

Das tun wir nicht. Aber wir sprechen von konsequenten Maßnahmen zur Lösung. Wir können diese soziale Spaltung nur überwinden, wenn wir den Menschen mehr Nettoeinkommen belassen. Da war etwa die Mehrwertsteuererhöhung tödlich. Auch die Inflation müssen alle bezahlen, ob sie Geld haben oder nicht. Der Finanzminister freut sich derweil über immer mehr Mineralöl- und Ökosteuer in seiner Kasse. Und wir müssen die schwächeren Stadtteile stützen, in dem wir dort mit kleinen Hilfen soziales Leben aktivieren. Das ist mir als Altonaer Bezirksamtschef etwa am Osdorfer Born ganz gut gelungen.

Gleichzeitig verteufeln Sie den sozialen Wohnungsbau.

Ich habe mich gegen einen staatlichen Wohnungsbau ausgesprochen, wie ihn die Linke propagiert. Wohin das führt, haben wir in der DDR gesehen. Wir brauchen sozialen Wohnungsbau etwa für Obdachlose und sozial Schwache, aber nicht für breite Bevölkerungsschichten. Das können Private besser – übrigens auch nicht teurer. Da wollen wir lieber Mieter etwa über Wohngeld fördern, als Wohnungsbau zu subventionieren.

Der Klimaschutz wird in ihrem Wahlprogramm mit keinem Wort erwähnt. Stattdessen propagieren sie offensiv das Kohlekraftwerk Moorburg.

Die Hamburger Industrie braucht eine günstige, sichere Energie. Das geht zur Zeit nur mit Kohle. Das Kraftwerk Moorburg wird das modernste der Welt sein und weitere 100.000 Wohnungen mit Fernwärme versorgen. Das spart genauso CO2 ein wie die geplante Abschaltung der Kohle-Dreckschleuder in Wedel. Klima- und Umweltschutz ist für uns selbstverständlich, zeigt sich jedoch in machbaren Lösungen – nicht in populistischen Forderungen.

Und die City-Maut?

Das ist eine typische Erfindung grüner Weltretter, die überall reglementieren und abkassieren wollen. Dadurch würde die jetzt lebendige Innenstadt wieder ein Stück mehr veröden. Das ist eines von vielen verkehrspolitischen Folterwerkzeugen der GAL.

Was sind für sie die wichtigsten drei Dinge, die in Hamburg in den kommenden Jahren geändert werden müssen?

Neben einer mittelstandsorientierte Wirtschaftspolitik, die Bürokratie und steuerliche Belastungen abbaut, brauchen wir eine Bildungspolitik, die auf Vielfalt der Schulformen setzt – unter Einschluss von Privatschulen, die das Salz in der Suppe sind. Und wir müssen die Freiheitsrechte in Hamburg sichern. Wir haben ein übertrieben scharfes Polizeigesetz und wollen keine flächendeckende Videoüberwachung. Da müssen wir dem Innensenator kräftig auf die Finger schauen.

Welchen Senatorensessel streben Sie in einer schwarz-gelben Koalition an?

Dazu nehme ich vor der Wahl keine Stellung, weil es mir nicht um Posten geht. Aber gehen Sie davon aus, dass auch ich persönlich bereit bin, in einer Koalition Verantwortung zu übernehmen.

Morgen im Interview: Dora Hayenn (Linke)