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Archiv-Artikel

Arbeiten in der Zone

Um die Lebensbedingungen in den Innenstädten zu verbessern, richten die Kommunen „Umweltzonen“ ein, in denen Autos nur mit besonderen Abgas-Plaketten fahren dürfen. Wir fragten Anwohner und Geschäftsleute, was die Umweltzone für ihren Alltag bedeutet

Interviews Isabell Bürger

taz: Herr Schmiedel, was bedeutet die Einrichtung der Umweltzone für Sie?

Uwe Schmiedel, Umzüge Dullien: Wir haben nur zwei Fahrzeuge und die sind relativ neu. Beide haben eine Plakette der Schadstoffgruppe 3, also eine gelbe.

Für welche Unternehmen wird es denn Ihrer Meinung nach schwierig?

In der Nähe gibt es einen Gärtner, der zwei alte Dieselfahrzeuge hat. Er muss diese Fahrzeuge abstoßen, sofern er keine Sondergenehmigung bekommt.

Wie stehen Sie zur Umweltzone?

Grundsätzlich positiv. Ich finde allerdings, dass die Zusammenarbeit von Autoindustrie und Politik früher hätte anfangen müssen. Als wir vor zwei Jahren den LKW gekauft haben, gab es die Rußfiltertechnologie schon, sie wurde aber von Daimler-Benz nicht geliefert.

Wie kommen Sie selbst zur Arbeit?

Im Sommer mit dem Rad. Im Winter mit dem Wagen, der ist zwar ein Diesel, hat aber eine grüne Plakette.

taz: Herr Demir, leidet das Gemüse an Ihrem Stand wegen der hohen Feinstaubbelastung Vor dem Steintor?

Edip Demir, Gemüsehändler: Ehrlich gesagt merke ich wenig von dieser Belastung. Die kann man wahrscheinlich nur messen.

Was bedeutet die Einrichtung der Umweltzone für Ihren Stand?

Mein Lieferwagen wird wohl keine Plakette bekommen. Das ist schlecht. Ein Katalysator oder Rußfilter kostet schließlich extra Geld. Vielleicht bekomme ich ja auch eine Sondergenehmigung.

Und wenn nicht?

Wahrscheinlich kaufe ich mir einen neuen Wagen, der mit Erdgas betrieben wird. Da bekomme ich Fördergelder.

Finden Sie die Umweltzone insgesamt sinnvoll?

Schon, aber ich finde, man sollte sich mehr damit beschäftigen, ob nicht andere Dinge wie Öfen genauso zur schlechten Luft beitragen. Außerdem bekommt man keine ausführlichen Informationen dazu.

taz: Herr Dorittke, Sie sind beim Quartier-Service und jeden Tag im Viertel unterwegs. Stinken Ihnen die Autos?

Manfred Dorittke, Mitarbeiter Quartier-Service: Eigentlich nicht. In Bremen ist es gar nicht so schlimm. Im Gegensatz zu Hamburg, da sieht man die Smog-Wolke im Sommer richtig.

Wie finden Sie es, dass bald nicht mehr alle durch die Innenstadt fahren dürfen?

Einerseits finde ich es gut, dass keine LKWs hier mehr fahren dürfen. Andererseits tut es mir leid um die Leute, die nun Geld für eine Plakette ausgeben müssen. Bei den hohen Spritpreisen fährt doch keiner mehr einfach so durch die Gegend und verpestet die Luft.

Fahren Sie selbst Auto?

Nein, ich fahre jeden Tag von Grambke eine halbe Stunde mit dem Mofa zur Arbeit.

Sie sehen jeden Tag die Autos, die im Viertel parken. Wie viele von denen sind Ihrer Einschätzung nach zu alt für eine Plakette?

Dorittke: Bestimmt 80 Prozent.

taz: Frau Sieben, sind Sie froh, bald in der Umweltzone zu wohnen?

Heilwig Sieben, Anwohnerin: Ich bin eher verunsichert. Im Prinzip bin ich natürlich dafür, die Belastung durch Autos in Innenstädten zu mindern und hoffe, dass die Parkerei hier im Viertel weniger wird. Ich selbst habe schon gar kein eigenes Auto mehr und mache schon lange „car-sharing“. Allerdings weiß ich nicht mehr, ob die Vorteile wirklich die Nachteile übertreffen.

Was sind das für Nachteile?

Irgendwo müssen die Autos doch hin. Da müssen ganze Verkehrsströme umgeleitet werden und andere Stadtteile kriegen vermehrt was ab. Außerdem verstehe ich nicht, warum sich die Zone nicht auf die Hauptverkehrsachsen beschränkt.

taz: Herr Krötz, sitzen Sie ab August auf dem Trockenen, weil keine LKWs mit Weinladung mehr in die Innenstadt dürfen?

Karl-Josef Krötz, Ratskeller Bremen: Wahrscheinlich nicht. Wir selbst haben mit der Anlieferung nicht viel zu tun. Die Weingüter heuern Speditionen an, die den Wein meist direkt zu uns an die Rückseite des Rathauses bringen. Es gibt die Umweltzone ja auch schon länger in anderen Städten, so dass die Speditionen hoffentlich einigermaßen vorbereitet sind.

Sie liefern doch selbst auch innerhalb Bremens aus?

Ja, aber wir haben nur einen Transporter und der entspricht den Vorgaben.

Glauben Sie, die Umweltzone bringt wirklich bessere Luft in die Innenstadt?

Hoffentlich. Ich brauche für meinen Beruf eine gute Nase und da ärgere ich mich oft, wenn ich die stinkenden Abgaswolken von alten Fahrzeugen sehe. Man muss ja nicht gleich wieder Postkutsche fahren.

taz: Herr Oppermann, wie sehen Sie die Zukunft Ihres Möbelhauses mitten in der Umweltzone?

Joachim Oppermann, Hausleiter Möbel Flamme: Problematisch.

Warum?

60 Prozent unserer Kunden kommen von außerhalb. Die deutliche Mehrheit – etwa 80 Prozent – mit dem Wagen. Das ist bei allen Möbelhäusern so. Da haben wir es hier ab August natürlich schwerer als Unternehmen auf der grünen Wiese. Dort brauchen die Kunden keine Plakette, um einzukaufen.

Ist die Umweltzone nicht sinnvoll?

Ich halte das Ganze für reinen Aktionismus. Diese Maßnahme trifft nicht die Verursacher der Umweltverschmutzung. Ich finde, man sollte einfach festsetzen, dass Dieselfahrzeuge nur noch mit Rußfilter gebaut werden dürfen.

Werden Sie bei neuen Fahrzeugen auf Hybrid oder Erdgas umsteigen?

Erdgasantrieb ist bei Transportern noch nicht verbreitet und Hybrid-Technologie finde ich abwegig. Da schafft man sich doch nur neue Umweltprobleme an, weil man die Batterien entsorgen muss. Außerdem muss das Ganze ja auch wirtschaftlich zu vertreten sein.