Frauenfrage? Duck and cover!

Scharf kritisiert die Opposition den deutschen Bericht zur Frauendiskriminierung für die UN. Darin steht viel über Elterngeld und Vätermonate, aber kaum etwas über aktive Gleichstellungspolitik. Die betreibt die Bundesregierung schließlich auch nicht

VON HEIDE OESTREICH

Duck and cover scheint die Devise zu sein, wenn die Bundesregierung erklären soll, warum Frauen in Deutschland noch so stark diskriminiert werden. Heute debattiert der Bundestag den sechsten Staatenbericht zu diesem Thema für den Cedaw-Ausschuss, der das Abkommen der Vereinten Nationen „zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau“ überwacht. Offensiv ist die Regierung damit bisher nicht umgegangen.

Eine geplante Anhörung zum Bericht kam nicht zustande. Dass er nun zum Internationalen Frauentag im Plenum erscheint, wertet die Opposition als Notmaßnahme: „Es soll verschleiern, dass die Regierung zu diesem Tag keine eigene Initiative ergreift“, so Irmingard Schewe-Gerigk (Grüne). Und die Linke stichelt mit einem Antrag, den Internationalen Frauentag zum Feiertag zu erheben.

Es ist nicht verwunderlich, dass die Regierung ihre Gleichstellungspolitik nicht ausführlich erörtern möchte: Sie ist nicht berauschend. Einer der größten Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen in der EU, eine der niedrigsten Zahlen von Frauen in höheren Positionen – und nur wenig Anstrengungen, dies zu ändern. Der Cedaw-Ausschuss hatte bemängelt, dass zu wenig gegen die herrschenden Geschlechterstereotype getan werde. Auch engagiere die Regierung sich nicht für die gerechte Entlohnung und den beruflichen Aufstieg von Frauen. Und sie solle die Auswirkungen ihrer Gesetze auf Frauen prüfen.

Nun hat die Regierung immerhin Elterngeld und Vätermonate vorzuweisen, was sie in ihrem Bericht auch ausführlich betont. Sie führt außerdem aus, dass es viele neue Teilzeitarbeitsplätze für Frauen gibt – das allerdings lässt sogar die FDP höhnen: „Teilzeitarbeit blockiert berufliche Karrieren“, kritisiert die frauenpolitische Sprecherin Ina Lenke. Und die Überprüfung ihrer Gesetzesvorhaben? Am Ende von Gesetzestexten steht nun oft etwas wie: „… hat keine Auswirkungen auf die Gleichstellung.“ So war das nicht gemeint.

Bei allem, was klassische Gleichstellungspolitik ist – diskriminierungsfreie Löhne, ein Gleichstellungsgesetz für die Wirtschaft oder Gender-Mainstreaming – hat die Regierung sich kaum engagiert. So kündigte das Innenministerium zwar einst vollmundig an, es wolle den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes so gestalten, dass auch typische Frauenarbeiten gerecht bewertet werden. Passiert ist nichts. Eine luftige Vereinbarung mit der Wirtschaft über Gleichstellungsmaßnahmen, die 2001 abgeschlossen wurde, erbrachte ebenfalls kaum einen Effekt. Linkspartei, Grüne, DGB und Frauenrat fordern seit langem ein Gesetz, das Firmen zum Handeln verpflichten soll.

Und das Prinzip des Gender-Mainstreamings, also eine Art Gesetzesfolgenabschätzung für Männer und Frauen, zu der die Regierung gesetzlich verpflichtet ist, stellt das Frauenministerium sogar selbst infrage. Die interministerielle Arbeitsgruppe, die Genderprojekte vorantreiben sollte, wurde aufgelöst. „Mit der Übernahme des englischen Begriffs ‚Gender Mainstreaming‘ sind mancherorts Widerstände entstanden, die eine nachhaltige Verankerung des Anliegens behindert haben“, heißt es im Bericht. Man wolle die Gleichstellungspolitik nun „neu ausrichten“. Henny Engels, Geschäftsführerin des Frauenrats, wird sakastisch: „Shareholder-Value können alle aussprechen, aber Gender-Mainstreaming ist natürlich zu kompliziert.“

So scheint nicht nur Oppositionsrhetorik, was die frauenpolitische Sprecherin der Linken, Kirsten Tackmann, der Regierung bescheinigt: „Mit der großen Koalition findet keine aktive Gleichstellungspolitik statt.“