PIN? Pah, hier ist Posh!

Für Springer war 2007 ein (Zitat Chef) „sehr gutes“ Jahr. Ulf Poschardt kommt. „Welt“-Chef wird hochdegradiert

Es war Bilanz-PK im Springer-Haus, und Vorstandschef Mathias Döpfner fasste seine Rede in zwei Sätzen zusammen. Erstens: „2007 war ein schlechtes Jahr für die Axel Springer AG.“ Zweitens: „2007 war ein sehr gutes Jahr für die Axel Springer AG“ – wobei aus dem geschriebenen „guten Jahr“ in Döpfners mündlichem Vortrag noch ein „sehr gutes“ wurde.

Wenn man also etwas lernen konnte von Döpfner – dann: wie man eine Rede hält. Teil 1: schlechte Nachrichten. Teil 2, prominenter und ausführlicher: die guten (= die sehr guten) Nachrichten. Und Teil 3: kurz vor dem Ende eine Überraschung, die die schlechten Nachrichten vom Anfang vergessen macht.

Die Überraschung: Ulf Poschardt, ehemaliger Vanity-Fair-Chef, geht als stellvertretender Chefredakteur zurück zur Welt am Sonntag. Thomas Schmid, Chefredakteur der Welt, wird Chef aller Welt-Titel. Und Christoph Keese, bislang Chefredakteur aller Welt-Titel und von welt.de, besetzt die neue Position des „Konzerngeschäftsführers Public Affairs“. Keese also muss nun – so Döpfners vage Definition der neuen Position – „unsere Interessen gegenüber dem öffentlichen Sektor vertreten“ und sich als Springer-Lobbyist unter anderem mit Werbeverboten herumschlagen, die, so Döpfner, „ein direkter Angriff auf die Substanz unseres Metiers“ seien. Keese soll, so heißt es, im Ausland Expansionsschritte vorbereiten, und da das Standbein Fernsehen – von Döpfner als eines von drei neben Print und Online bezeichnet – das kleinste ist, womöglich auch in diesem Bereich. Döpfner verkaufte Keeses Positionswechsel als Aufstieg. Vielleicht kann man es so sagen: Keese wird hochdegradiert.

Was die für Springer guten Nachrichten betrifft: Der Konzern wächst im Print- und Onlinegeschäft, hat 2007 rund 2,578 Milliarden Euro umgesetzt – ein Zuwachs von 8,5 Prozent. Für 2008 gebe es nun „keine Pläne für größere Akquisitionen“, sagte Döpfner. Man wolle sich auf das Kerngeschäft konzentrieren.

Die Pleite mit dem Briefzusteller PIN Group ist – neben dem gefallenen Aktienkurs – eine der laut Döpfner schlechten Nachrichten. Die Investition sei „aus heutiger Sicht falsch“ gewesen, sagte er; man sei an einem Wiedereinstieg auch nicht interessiert. Doch dass ein Mindestlohn für die gesamte Briefdienstleistungsbranche eingeführt würde – was das Berliner Verwaltungsgericht letzte Woche in erster Instanz für rechtswidrig erklärte –, sei nicht vorstellbar gewesen. Springer machte wegen der PIN-Abschreibung 288 Millionen Euro Verlust. Dass Döpfner kurz nach der Bestätigung dieses Verlusts neulich verkündete, die Welt-Gruppe habe erstmals Gewinn gemacht, kann man als kleine Lehrstunde verstehen. Im Fach „Kreative Herstellung guter Ergebnisse“. KLAUS RAAB, BERLIN