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hamburger szeneHamburger Stalking

Der Feierabendeinkauf ist die letzte Herausforderung des Tages, danach schaltet sich mein Gehirn für gewöhnlich ab.

So schlendere ich eines Abends gedankenfrei und schwer bepackt gen Heimat. Rechts und links schwingen Getränkepack und Einkaufstüte im Takt gegen meine Beine. Mir entgegen kommt jemand, der wie ich aussieht, nur männlich und spiegelverkehrt. Einkaufstüte, Getränkepack, entrückter Gesichtsausdruck. Ich muss grinsen. „Warst du etwa bei Lidl?“, ruft er. „Sportlich, sportlich.“ Lidl ist nämlich ganz weit weg, ungefähr so weit, wie ich bis gerade eben mit meinem Gedanken.

Blitzschnell fahre ich meine Gehirnkapazitäten auf 100 Prozent hoch: Gesichtsabgleich. Aha. Ein Freund meines Mitbewohners. Er stellt inzwischen seine Sachen ab. „Wie geht`s?“, fragt er und grinst. „Ganz gut“, sage ich. „Nur meinen Mitbewohner habe ich schon lange nicht mehr gesehen.“ Stille. „Wen?“, fragt er. „Na den Jan“, sage ich. „Kenn ich nicht“, sagt er und guckt verdutzt. Meine Gehirnleistung ist inzwischen bei 120 Prozent angekommen. „Kennen wir uns überhaupt?“, frage ich. „Nö“, sagt er. „Aber du wohnst doch da vorne an der Ecke, oder?“

Dass die Hanseaten kontaktfreudig sind, ist mir bekannt. Aber dass sie ihre Nachbarn beschatten und nur auf den richtigen Moment warten, in dem diese gehandicapt durch Einkaufstüten ein willkommenes Gesprächsopfer sind, das ist einfach nur mies. Und echt süß. ANNA-LENA WOLFF

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