: Eine Fraktion wird normal
Die Linksfraktion diskutiert über eine neue Geschäftsordnung. Transparenz und Basisdemokratie wird darin nicht mehr so hoch gehängt wie ehedem: Man orientiert sich stärker an etablierten Fraktionen
von Jan Zier
Manchmal vollzieht sich der politische Wandel gerade im Kleinen, fernab aller öffentlichen Äußerungen irgendwelcher Funktionäre. Er manifestiert sich dann zum Beispiel in Paragraphen und Statuten, so wie dieser Tage bei der Linksfraktion in der Bürgerschaft. Die diskutiert momentan über eine neue Geschäftsordnung – „auf Anraten“ ihres neuen Geschäftsführers Leo Schmidt, wie es offiziell heißt. Noch ist sie nicht beschlossen, sondern „in der Diskussion“. Doch eines zeichnet das Papier aus: Die Linksfraktion ist auf dem Weg zur Normalität.
Anfangs wollte die Linke etwa durch besondere Transparenz glänzen – und setzte deshalb fest, dass Fraktionsberatungen „in der Regel“ öffentlich seien. Lediglich auf ausdrücklichen „Beschluss“ der Mehrheit aller anwesenden ParlamentarierInnen konnten Sitzungen hinter verschlossenen Türen abgehalten werden. Davon ist jetzt keine Rede mehr. Vielmehr soll es in Zukunft umgekehrt sein: Geheimsitzungen sollen die Regel werden, lediglich im Einzelfall könnten Gäste und Nicht-Parteimitglieder mitberaten. So ist das bei anderen Fraktionen auch.
Neu ist auch, dass man den, nun ja: Fraktionszwang festschreiben will. Bisher war man „Minderheitenvoten“ gegenüber aufgeschlossen. Zukünftig wird „erwartet“, dass alle linken VolksvertreterInnen sich der Fraktionsmeinung anschließen. „Außer bei Gewissensfragen.“
Auch den Passus, der allen Fraktionären das Recht gab, „selbständig zu Fragen ihrer Arbeit in der Öffentlichkeit Stellung zu nehmen“, will man streichen. Stattdessen verträten künftig die beiden gleichberechtigten Vorsitzenden ihre Fraktion „im öffentlichen Bereich“. Geht es um Rechtsfragen, ist Peter Erlanson dabei etwas gleicher als Monique Troedel, die ihn laut Beschluss nur „in begründeten Fällen“ rechtlich vertritt. Die Fraktionschefs wiederum werden künftig von Leo Schmidt vertreten, der auch „Vorgesetzter des Personals“ werden soll. Bisher war diese Frage – ungeregelt.
Dass die geplante neue Geschäftsordnung etwas mit der jüngsten arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Ex-Fraktionsgeschäftsführer Manfred Steglich zu tun hat, wird dabei bestritten. Man habe vielmehr „grundsätzlichen Bedarf“ an Aktualisierung gesehen.
Nicht Abschied genommen hat man dabei von der ausdrücklichen Verpflichtung der MandatsträgerInnen, an den Plenar- und Ausschusssitzungen teilzunehmen – und sich im Ausnahmefall beim Fraktionsvorstand abzumelden. Nur die schriftliche Begründung soll wegfallen dürfen. Eine Sanktionierung war und ist nicht vorgesehen – doch die gelegentliche Absenz von Links-Abgeordneten ist offensichtlich. Doch auch da ist es bei den Linken wie bei allen anderen gewählten PolitikerInnen auch.