… Jürgen Graeser?
: Aus dem Eis zurückkehren

Cogito ergo sum – ich denke, also bin ich. Zu diesem Schluss kam René Descartes während des Dreißigjährigen Krieges, als er in einer Hütte eingeschneit war. Da die Welt ausgelöscht war, stellte er alles in Zweifel und folgerte, dass der Zweifel und das Bewusstsein Grundlage aller Philosophie sind.

Der Aufenthalt in Schnee- und Eislandschaften kann Menschen an den Rand des Nervenzusammenbruchs und zu neuen Erkenntnissen bringen. Die brachte auch der Potsdamer Wissenschaftstechniker Jürgen Graeser mit nach Hause. Am Montag ist er von einer siebenmonatigen Expedition auf einer Eisscholle in der Arktis zurückgekehrt. „Extrem schnell“ sei die Zeit auf der Scholle vergangen, sagte er in einer Pressemitteilung des Alfred-Wegener-Instituts in Potsdam. Das lag wohl am straffen Zeitplan. Gemeinsame Mahlzeiten mit seinen 20 russischen Kollegen bestimmten den Tagesablauf. Außerdem waren die Teilnehmer alle drei Wochen für den Küchen- und Stationsdienst zugeteilt. Sie kontrollierten den Zustand der drei mal fünf Kilometer großen Eisscholle und schützten die Station vor Eisbären. Graesers Hauptaufgabe war es, Temperatur, Feuchte und Wind über dem Eis zu messen – und somit Unsicherheiten im Klimamodell zu verringern. Dafür ließ er täglich Fesselballone mit Sonden steigen und gab die Mess-Ergebnisse per Satellitentelefon an die Kollegen in Potsdam durch.

Wäre Descartes unter diesen Umständen in Eis und Schnee gefangen gewesen, wäre er wohl mit folgender Erkenntnis zurückgekehrt: Ich messe, also bin ich. AE
FOTO: AWI