Humanismus in der „Wärmestube“

betr.: „Der Muff des Humanismus“ von Ekkehard Knörer, taz Kultur vom 29. 4. 08

Leider war ich ja nicht bei der Konferenz und kann nicht beurteilen, was die Redner gesagt haben. Nach Ihren Ausführungen – keine Vertreter des freien Theaters, Förderrhetorik und kein Wort zu marktbedingten Nöten der Kultur – glaube ich Ihnen gerne, dass es reaktionär herging. Fragt sich nur, ob reaktionär zu sein nicht manchmal noch das kleinere Übel ist gegenüber dem Sich-Verlieren im Tagesgeschäft der „Kulturwirtschaft“.

Wenn jedenfalls „irreversible Pluralität“ angemahnt wird, dann zeigt das, dass sich das Denken im Konfusen des Kommerzes verloren hat. Und wenn, wie Weigel und Bielefeldt sagen, Globalisierung und Denationalisierung nationalstaatlich organisiert werden, dann hat doch Thierse trotzdem Recht: Natürlich kann eine reaktionäre Rückbesinnung auf den vorstaatlichen deutschen Humanismus des 19. Jahrhunderts gut zur Rettung beitragen. „Wärmestube“ – warum nicht? In der kann man vielleicht Bleibendes, Menschliches schaffen.

In diesem Sinne empfinde ich Fatih Akins „Auf der anderen Seite“ als im Zentrum der deutschen Nationalkultur. Akin kommt von der Werbung und vom Kommerz her und arbeitet sich vor zu einem qualitätsvollen Umgang mit den echten Problemen der Gegenwart – und nicht umgekehrt wie etwa Sönke Wortmann. In meinem Bücherschrank jedenfalls steht Emine Özdamar neben Sven Regener und Friedrich Schiller, und sie vertragen sich ziemlich gut miteinander. Da würden banale Alltagsplauderer der Marke Illies oder Kaminer nur stören. MARTIN SCHÖNEMANN, Hamburg