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Archiv-Artikel

Die Welt ist rund

Wem Public Viewing zur Fußball-EM nicht reicht, der kann es ja mal mit Public Listening versuchen. Ein Überblick über die wichtigsten Open-Air-Festivals der Republik sowie die Highlights der Saison

VON DANIEL BAX

Was die Fußball-EM mit sich bringen wird, ist noch nicht abzusehen. Sicher ist nur, dass der Reggae-Star Shaggy mit „Feel the Rush“ den offiziellen Song zum Ereignis im Juni in Österreich und der Schweiz beisteuert. Nun ja, es gab schon Schlimmeres.

Den Auftakt zur musikalischen Freiluftsaison macht, wie jedes Jahr, der Karneval der Kulturen (9. bis 12. Mai) an Pfingsten in Berlin; der eigentliche Umzug findet am Sonntag statt.

Zur selben Zeit steigt in Moers das Festival für improvisierte Musik, als Highlight ist der Avantgarde-Star John Zorn aus New York angekündigt. Zwischen exotisch und experimentell klingen auch die Samúel Jón Samúelsson Big Band aus Island oder Avishai Cohen mit seinem Jazz-Vocal-Projekt. Oder der Auftritt der baskischen Schwestern Maika und Sara Gomez: Sie traktieren ein Instrument namens Txalaparta, das einst zur Kommunikation zwischen den Dörfern im Baskenland diente.

Früh im Jahr startet das Weltnacht-Festival in Bielefeld, das sich vom 2. Mai bis 30. August mit 44 Konzerten über die ganze Region erstreckt. Neben der belgischen Band Think of One und ihrem Chaabi-Projekt stehen hier die Amsterdam Klezmer-Band und der deutsch-nigerianische Reggae-Musiker Daveman auf dem Plan. Höhepunkt ist wie immer der Carnival der Kulturen am 7. Juni mit einer Parade durch Bielefelds Innenstadt.

Zum Africa Festival in Würzburg (22. bis 25. Mai), das in diesem Jahr sein 20. Jubiläum feiert, ist weiter vorne schon alles gesagt worden. Hier noch einmal: Es lohnt sich! Wer dort Hugh Masekela verpasst hat, kann ihn noch beim Masala-Weltbeat-Festival in Hannover (21. Mai bis 1. Juni) erleben. Außerdem dort: das Idan Raichel Project aus Israel, die Sängerin Lura und der Watcha Clan aus Marseille.

Im Kulturzelt in Kassel (20. Juni bis 3. August) geben sich das Quadro Nuevo, die Latin-Ska-Band Pantéon Rococo und die kapverdische Sängerin Mayra Andrade die Ehre.

Die traditionelle Summerstage des WDR-Funkhauses Europa am Tanzbrunnen in Köln (22. Juni) steht diesmal unter dem Motto „London Crossing“: mit britischen Acts wie Mattafix, Transglobal Underground und Oi Va Voi ist zu rechnen.

Zum Zeltival Karlsruhe (29. Juni bis 3. August) locken das Orchestra Baobab aus dem Senegal oder die Puppini Sisters und ihr Varieté-Programm, während das Stimmen-Festival in Lörrach (2. bis 27. Juli) mit großen Namen klotzt: die Neville Brothers, Leonard Cohen und Paul Simon werden erwartet. Daneben gibt es die mexikanische Sängerin Lila Downs, ein Taranta-Programm sowie, in der „Stimmband“-Reihe, etwa die Chinesin Gong Linna und Etta Scollo mit Italo-Chansons zu hören.

Das 18. Tanz- und Folk-Festival Rudolstadt (4. bis 6. Juli) legt in diesem Jahr einen Schwerpunkt auf Israel, das durch Yasmin Levy und die palästinensische Sängerin Amal Murkus vertreten wird. Zudem werden die mehr als 20 Bühnen unter anderem von der Fanfare Ciocarlia und ihrem Aufgebot an „Gipsy Queens & Kings“, der Touareg-Band Etran Finatava, Billy Bragg und dem englischen Folk-Projekt „The Imagined Village“ belegt.

Der Reggae Summer Jam (4. bis 6. Juli) in Köln erweitert mit Shantel & dem Buvovina Club Orkestar sowie Miss Platinum sein Spektrum in Richtung Balkan. Neben Lokalmatadoren wie Mono & Nikitaman und Irie Revoltés tritt hier auch Shaggy an.

Die Kulturarena in Jena präsentiert in diesem Jahr (10. Juli bis 24. August) Altmeister wie die US-Songrwiterin Joan Armatrading sowie Manfred Krug mit dem „Berlin Jazz Orchestra“.

Der Yiddish Summer in Weimar (10. Juli bis 15. August) dagegen verspricht – wie immer unter der Ägide des Musikers Alan Bern – unter dem Titel „the other europeans“, die Verbindungslinien zwischen Klezmer- und Roma-Musik auszuloten.

Ein neues Festival gibt es in Berlin: „Wassermusik“ (10. bis 27. Juli) hat man sich am Haus der Kulturen der Welt ausgedacht, um Kultur mit dem kühlen Naß zu kombinieren. Zur Premiere konzentriert man sich auf Surf-Musik (u. a. mit Marc Ribot), auf die Tiki-Mode, die durch Easy Listening und Lounge-Mode ein Revival erfahren hat (u. a. mit Don Tiki und Waitiki), sowie auf Lieder von Seefahrern und Fischern – hier sind Eliza Carthy und Juana Molina angekündigt. Warum nicht?

Vom traditionsreichen Festival Viva Afro Brasil weiß man nur, dass es wieder nach Tübingen zurückkehren wird (18. und 19. Juli): Das Ausweichen nach Stuttgart hat sich nicht gelohnt. Bei Popdeurope in Berlin (26. Juli bis 2. August) steht dagegen schon fest, dass Massilia Sound System aus Marseille und die Mestizo-Band Amparanoia ihren Abschied von der Bühne feiern wollen. Schnief! Außerdem ist ein lokalpatriotischer Abend mit den Ohrbooten sowie den Bomberos de Monte Cruz angesetzt.

Zum 33. Bardentreffen (1. bis 3. August) wurde unter anderem die Russen-Ska-Combo Apparatschik nach Nürnberg geholt, und etwas weiter südlich zum Chiemsee Reggae Summer (22. bis 24. August) neben lokalen Größen wie Culcha Candela, Patrice und Nosliw das allgegenwärtige Bucovina Club Orkestar von Shantel, Beenie Man aus Jamaika sowie die Otentikk Street Brothers aus Mauritius.

Und wem das noch nicht reicht, der sollte selbst zu einem Instrument greifen und sich beim bundesweiten Weltmusikwettbewerb Creole bewerben, dessen Finale vom 2. bis 4. September 2009 in Berlin steigt. Mehr Infos unter www.creole-weltmusik.de.