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Archiv-Artikel

Wohnboote in der Regelwelt

Noch gibt es keines der schwimmenden Häuser, mit denen der Senat seit 2006 den amphibischen Charakter Hamburgs betonen will. Dabei leben schon seit Jahrzehnten Leute auf dem Wasser

VON GERNOT KNÖDLER

Das Wohnen auf dem Wasser ist schwieriger als gedacht – zumindest wenn es zum Programm erhoben wird. Vor gut zwei Jahren bestimmte der Senat Liegeplätze für Hausboote und Genehmigungskriterien. Heute dümpelt noch kein einziges Wohnschiff auf einem dieser Gewässer. Dabei leben über die Stadt verstreut schon seit Jahrzehnten Menschen auf solchen Liegern. Das Auge des Gesetzes schaute dort nur unscharf hin.

Bei der „neuen Hausbootgeneration“, die im Rahmen zweier Pilotprojekte im Hochwasserbassin der City Süd und im Eilbekkanal anlegen soll, ist das anders. „Die Umsetzung ist nicht so unproblematisch, wie man sich das am Anfang vorgestellt hat“, sagt Kerstin Feddersen von der Stadtentwicklungsbehörde. So hat sich etwa der Anschluss der Liegeplätze an die Infrastruktur als kostspielig erwiesen.

Anders als in Amsterdam verlaufen die Straßen in Hamburg quer zu den Kanälen. Es müssen Wege zu den Liegeplätzen gebaut und Leitungen für Strom, Wasser und Abwasser gelegt werden. Martin Förster, der Architekt der sieben geplanten Hausboote im Hochwasserbassin rechnet derzeit mit 60.000 Euro Anschlusskosten pro Haus – ein Betrag, den das Büro Förster-Trabitzsch gerade zu drücken versucht.

Andreas Lange vom Bezirksamt Mitte weist auf weitere Schwierigkeiten hin: In Hamburg sei der Niveauunterschied zwischen der Kaikante und der Wasseroberfläche groß, was aufwändige, fachgerecht verankerte Treppen notwendig mache. Aus Umweltschutzgründen müssten die Boote gut isoliert sein. Sie dürften die Gewässer nicht versperren. Außerdem sollen sie so niedrig sein, dass sie unter den Brücken durch zu anderen Liegeplätzen geschleppt werden können. Ein Wechsel des Liegeplatzes gehöre zum Reiz eines Hausbootes.

Beim Hochwasserbassin kommen spezielle Probleme hinzu. Es sei „für Wohnzwecke ein schwieriger Standort“, sagt der Architekt Förster. Das Bassin liegt idyllisch, allerdings mitten in einem Gewerbegebiet. Bäcker und Supermärkte sind weit, der Straßenstrich umso näher. Weil sich am Kai ein Park befindet, ist es schwierig, den Bewohnern Parkplätze anzubieten. Dafür gibt es ab 250.000 Euro ein 102-Quadratmeter-Einfamilienhaus mit Dachterrasse mitten in der Stadt, Erschließung extra.

Im Eilbekkanal in Nord sollen mehrere Bauherren ihre Boote zu Wasser lassen. Nach Auskunft der Stadtentwicklungsbehörde wird der Bezirk im laufenden Jahr wohl sieben Boote genehmigen. Zehn Liegeplätze gibt es dort insgesamt. Interessenten gebe es auch für die Wohnboot-Siedlungen in der Steinbeker Straße und am Hammer Deich.

Während das Wohnen in den neuen Booten Zukunftsmusik ist, wird der erste neue Veranstaltungssaal auf dem Wasser bald fertig. Im Mittelkanal, nahe der Amsinckstraße, baut Förster-Trabitzsch ein 500 Quadratmeter großes Konferenzzentrum für ein Hotel. Der „Hamburger Hafen-Lieger-Verbund“ kritisiert, dass mit diesem Bau ein Boot nur vorgetäuscht werde. Der Saal sei so hoch dass er nicht mehr weggeschleppt werden könne. „Dieses Gebäude setzt ein völlig falsches Zeichen und macht die Attraktion der ungewöhnlichen Wohnform auf dem Wasser zu einem penetranten Party-Gag“, moniert der Hausbootverein.

„Wir versprechen uns von der Gesamtanlage eine Belebung der City-Süd“, sagt Lange. Die Lage sei zum Wohnen ungeeignet.