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Archiv-Artikel

Auf einen Snack mit dem Bildungsbürgertum

Natalie Tenbergs Gastro- und Gesellschaftskritik: Warum die Lunch Lectures im Guggenheim-Museum in Berlin-Mitte an Hape Kerkeling erinnern

Die Mittagspause am Berliner Gendarmenmarkt kann man im Sommer mit einem Sandwich in der Sonne sitzend verbringen. Oder man flüchtet vor der Hitze in wohl temperierte Räume: Ins Museum nämlich. Das Deutsche Guggenheim bietet mittwochs zur Mittagszeit, nach Anmeldung, Lunch Lectures an. Die finden hier schon seit einigen Jahren statt, nur wusste das kaum jemand, bevor es nicht unlängst in einem Stadtmagazin stand.

Kurz vor 13 Uhr lungern einige unschlüssige Seelen im Ausstellungsraum herum und beobachten sich gegenseitig aus den Augenwinkeln. Im Hintergrund plärrt und nervt die unverständliche Geräuschkulisse einer Installation, und als die Zahl der Beobachtenden eine kritische Masse erreicht, heute etwa acht, werden sie von einer Frau angesprochen und zu den Lunch Lectures zusammengetrommelt. Die Führung beginnt mit einer Vorstellung der Künstler, die in eine kleine Lobhudelei der Deutschen Bank übergeht. Sie ist nämlich in diesem Gebäude die Hausherrin, Förderin der hier gerade ausstellenden Künstler, und so weiter und so fort. Schnell aber wird das Konzept der aktuelle Ausstellung erläutert und das Exponat, das gerade noch als Lärmbelästigung empfunden wurde, erschließt sich plötzlich.

Auf die Wand projizierte Sätze ergeben zwar keinen Sinn, aber der größere Zusammenhang wird deutlich und weshalb dies sich Kunst nennt. Die Teilnehmer der Führung stellen Fragen, die mitunter an den Sketch von Hape Kerkeling vom Wolf, dem Schaf und dem Hurz erinnern. Anstatt aber über die Fragen und die zum Teil abstrusen Assoziationen die Nase zu rümpfen, lobt die Museumsführerin ihr Publikum aufrichtig und begeistert. Überhaupt macht sie ihre Sache so gut, dass man während der Führung weniger Hunger hat als noch zuvor. Als es dann nach etwa 45 Minuten und dem letzten Exponat zum Essen in den Museumsshop geht, hat man wieder etwas gelernt. Fein.

Nun kann man sich bei der Vorspeise vom kleinen Buffet, „Lachsröllchen, Salat Caprese, Lachsterrine, Carpaccio und Blumenkohl“, mit den anderen Gästen über ihr Kunstverständnis unterhalten. Als Hauptgericht wird an diesem Tag grüner und weißer Spargel in Shrimp-Hollandaise angeboten, dazu gibt es Kartoffeln und panierten Fisch. Besser als ein Sandwich ist das ganz bestimmt, auch wenn für diese Veranstaltung eine verlängerte Pause vonnöten ist. Insgesamt lohnt der Besuch der Lunch Lectures im Deutsche Guggenheim. Nicht nur wegen des Essens, sondern vor allem wegen des Erkenntnisgewinns.

Lunch Lectures, Deutsche Guggenheim, Unter den Linden 13/15, 10117 Berlin, (0 30) 20 20 93-0, berlin.guggenheim@db.com. Führung & Mittagessen mittwochs, 13 Uhr, 9 €, Anmeldung erforderlich, U-Bhf Stadtmitte