: Weltwirtschaftspreise von der Kieler Förde
Das Institut für Weltwirtschaft (IFW) nutzt die Ehrung, um seine internationale Verankerung zu demonstrieren. Die Auswahl der Preisträger zeigt aber wenig Mut zu unkonventionellen Antworten auf die Globalisierung
RULDOLF HICKEL, 66, Direktor Institut Arbeit und Wirtschaft (IAW) der Uni Bremen, kratzt am Konsens.
Der „Weltwirtschaftliche Preis“ des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IFW) geht in diesem Jahr an Edmund Phelps, Träger des Nobelpreises für Ökonomie 2006, die EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes und den Gründer des Softwareunternehmens SAP, Dietmar Hopp. Dem Wissenschaftsstandort Kiel tun diese Preisträger gut. Sie demonstrieren, dass das IFW weltweit verankert ist. Die Auswahl der Geehrten zeigt aber wenig Mut zur Stärkung unkonventioneller Antworten auf die Herausforderungen der Globalisierung.
Heute ist es nicht einfach, sich als wirtschaftswissenschaftliche Denkfabrik zu profilieren. Das hat etwas damit zu tun, dass trotz eigener Schwerpunkte am Ende eine marktoptimistische Einheitslinie die große Mehrheit der wirtschaftswissenschaftlichen Großinstitute mit öffentlicher Förderung kennzeichnet. Da bietet es sich an, die internationale Verankerung zur Profilierung zu nutzen.
Mit dem Weltwirtschaftlichen Preis werden je ein Wirtschaftswissenschaftler, eine supranational wirkende Figur der Wirtschaftspolitik und ein Vorzeigeunternehmer geehrt. Dieser Dreiklang erklärt sich wohl aus den drei Instituten, die den Preis ausloben: das IFW, die Industrie- und Handelskammer Schleswig-Holstein und die Landeshauptstadt unter Begleitung des Ministerpräsidenten.
Die Liste der Jury liest sich wie das Who’s who aus den drei Preisbereichen. Dabei sind zwei Nobelpreisträger der Ökonomie: George Akerlof und Robert Mundell, der ehemalige EU-Kommissionspräsident Jacques Delors und Porsche-Chef Wendelin Wiedeking.
Der Initiator Dennis J. Snower findet, den weltwirtschaftlichen Preis verdienten nur diejenigen, die „die Globalisierung als Chance sehen“ und sich dem Aufruf verpflichten: „Auch soziale Gerechtigkeit ist durch marktwirtschaftliche Impulse zu erreichen, wenn wir nur genügend Fantasie haben, die richtigen Anreize zu schaffen.“ Daran gemessen, ist in diesem Jahr ein Volltreffer gelungen.
Mit Edmund Phelps wird ein Theoretiker geehrt, der die reine Lehre vom sich selbst regulierenden Markt entwickelt hat. Arbeitslosigkeit ist für ihn kein Systemproblem, sondern ein freiwillig auf der Basis eines Kosten-Nutzen-Modells vom Betroffenen gewählter Zustand.
Die Wahl der ehemaligen niederländischen Ministerin Kroes ist sicherlich von der IHK Schleswig-Holstein präferiert worden. Schließlich war sie Mitglied der Rotterdamer Handelskammer und als Vorstandsmitglied in einigen Unternehmen tätig. Ihr preiswürdiger Beitrag zur Theorie und Praxis des Wettbewerbs innerhalb des EU-Binnenmarktes ist schwer zu erkennen: Unlängst hat sie die Bürgschaft des Landes Sachsens über 2,5 Milliarden Euro zur Rettung der Sachsen-LB genehmigt.
SAP-Gründer Hopp wurde durch seinen Rückzug aus dem Unternehmen 2005 zum Mehrfachmillionär. Als Mäzen der Forschung hat er eine der größten Privatstiftungen Europas gegründet, von der hoffentlich künftig auch das Kieler Institut profitieren wird. Hopp hat den sensationellen Aufstieg des TSG Hoffenheim in die Fußball-Bundesliga finanziert.
Den Glückwunsch an die Preisträger verbinden wir mit der Erwartung, dass bei der kommenden Runde unorthodoxe Denker und Gestalter des Wirtschaftens Anerkennung finden mögen. Wie wäre es mit der Ehrung der globalisierungskritischen Bewegung Attac oder der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik? RUDOLF HICKEL