Gute Rocker plaudern nicht

Die Streitigkeiten zwischen Rockergruppen werden härter. Gestern standen zwei „Bandidos“ vor Gericht

Wo kein Kläger, da ist kein Richter – diese Weisheit bewahrheitete sich auch im Prozess gegen zwei Mitglieder des Rockerklubs Bandidos. Trotz zweier erheblich geschädigter Opfer kamen die beiden Angeklagten glimpflich davon: Wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung wurde der 24-jährige Kadir P. vom Amtsgericht zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Den mitangeklagten Dennis W. sprach das Gericht frei.

Im Februar verließen zwei Mitglieder des Rockerklubs Hells Angels ihr neues Klubhaus am Spandauer Damm. Sie wollten gerade in ihr Auto steigen, als sie von mindestens zwei Männern überfallen wurden. Ein Opfer erlitt einen tiefen Schnitt am linken Unterarm, der sämtliche Blutgefäße, Sehnen und Muskelfasern durchtrennte. Das zweite Opfer, Bernd B., Vizepräsident der Hells Angels Nomads, wurde mit einem Baseballschläger traktiert. Er erlitt Prellungen. Der Überfall wurde von einer Überwachungskamera gefilmt, die die Polizei zur Gefahrenabwehr installiert hatte.

Doch die Kamera erfasste nur eine Hälfte des Geschehens. Die andere blieb im Dunkeln und lieferte den Verteidigern von Kadir P. eine Steilvorlage. Ihr Mandant war zwar deutlich im Video zu erkennen, der Einsatz eines Messers aber nicht. Also strickten die Anwälte eine Erklärung, nach der P. zwar am Tatort gewesen sei, aber nicht in die „Abreibung für die Hells Angels“ aktiv eingegriffen habe. „Der Vorwurf, den man mir machen kann, ist der, dass ich durch meine Anwesenheit die Täter nicht zurückgepfiffen habe, was ich durchaus hätte tun können“, ließ P., Vizepräsident eines von vier Ortsvereinen der Bandidos, vortragen. Dennis W. bestritt eine Beteiligung, auch wenn das Video einen Mann zeigte, dessen Statur dem Angeklagten ähnelte.

Doch auch die Opfer zeigten sich wenig kooperativ gegenüber den Ermittlern. Stattdessen vernichteten sie Beweise und reinigten das Auto gründlich. „Es ist eine ungeschriebene Regel im Milieu, man hilft den Ermittlungsorganen nicht“, sagte der Staatsanwalt. Das Verhalten der Opfer könne man eher als fehlgeschlagenen Versuch sehen, die Aufklärung zu verhindern. Die Auseinandersetzung reihe sich in eine Kette ähnlicher Taten, deren Aggressivität sich gesteigert habe, so der Ankläger. Man sei inzwischen zum Tabubruch bereit, überfalle Rivalen im Beisein von deren Angehörigen und mache auch nicht mehr vor den Klubhäusern Halt, die vorher eine verbotene Zone waren.

UTA EISENHARDT