: Billwerder Knast vor dem Mauerfall
Der Fall Morsal O. soll sich nicht wiederholen können, so Justizsenator Steffen (GAL). Staatsanwälte sollen durchgreifen
Der Ehrenmord an Morsal O. soll sich vom Ansatz her nicht wiederholen können. Das kündigte der grüne Justizsenator Till Steffen in seiner 99-Tage-Bilanz an. In Zukunft soll bei Fällen häuslicher Gewalt im Wiederholungsfall von der Staatsanwaltschaft frühzeitig ein „öffentliches Interesse“ an der Strafverfolgung bejaht werden können.
Seine neuen Maßstäbe hätten bei der Anklagebehörde Zustimmung gefunden, sagte Steffen. Er gehe zwar davon aus, dass dadurch der Fall Morsal O. hätte nicht verhindert werden können, „ein anderer Fall demnächst vielleicht sehr wohl“. Bislang sei es normal gewesen, dass das Verfahren eingestellt wurde, wenn das Opfer häuslicher Gewalt seine Anzeige zurücknahm. Es gebe aber Anlässe, Gewalttäter „mittels des Strafrechts zu bremsen“, sagt Steffen. Deshalb habe die Staatsanwaltschaft seine Anregung aufgegriffen und eine entsprechende „interne Dienstanweisung erlassen“.
Offene Ohren hat Steffen auch mit dem Vorschlag gefunden, wieder mehr „Ermahnungsgespräche“ mit jugendlichen Straftätern zu führen. In den vergangenen Jahren waren sie vernachlässigt worden, da sie zusätzlichen Arbeitsaufwand für die Staatsanwälte bedeuteten. Waren es unter Rot-Grün noch 700 Gespräche pro Jahr, wurden 2007 gerade noch 282 Gespräche geführt. Derartige Ansprachen seien aber erfahrungsgemäß ein wirkungsvolles Mittel, straffällige Jugendliche vor Erhebung einer Anklage von der schiefen Bahn abzulenken.
Steffen lässt den Strafvollzug umstrukturieren. Ein neues Strafvollzugs- und Jugendstrafvollzugsgesetz sind in Arbeit. Der Knast Glasmoor soll wegen Überkapazitäten geschlossen und der offene Vollzug nach Billwerder verlegt werden. Dort soll die Mauer um den Bauabschnitt, der von rot-grün für den offenen Vollzug konzipiert war, abgerissen und der geschlossene Vollzug abgetrennt werden. Das verursache zwar kurzfristig Kosten, spare aber langfristig Geld und Personal ein. KAI VON APPEN