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Archiv-Artikel

Familienclan gewinnt Kampf um Conti

Die milliardenschwere Schaeffler-Gruppe aus Franken schluckt den viertgrößten Autozulieferer der Welt: Mit mehr Geld für Aktionäre und Zusagen bei Jobs und Standorten bricht sie den Widerstand. Exbundeskanzler Gerhard Schröder als „Garant“

AUS HANNOVER KAI SCHÖNEBERG

Familienclans gehen auf Shoppingtour in Niedersachsen: Zunächst übernahm Porsche den Autoriesen VW, nun schlucken die Schaefflers aus Franken Continental, den viertgrößten Pkw-Zulieferer der Welt. Nach gut fünf Wochen Übernahmepoker gaben Conti-Manager und Gewerkschafter in der Nacht zu Donnerstag den Widerstand gegen die Milliardäre aus Herzogenaurach auf. Manfred Wennemer, Vorstandschef beim DAX-Konzern aus Hannover, gab seinen Rücktritt bekannt. Conti sprach von einer „akzeptablen“ Lösung. Der Konzern steuert zum neuen Zulieferriesen Reifen, Bremsen und Fahrzeugelektronik, Schaeffler Kugellager und Kupplungen bei.

Conti, mit 150.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 26,4 Milliarden Euro etwa dreimal so groß wie Schaeffler, hatte sich der Übernahme lange widersetzt. „Selbstherrlich, egoistisch, verantwortungslos“ sei Schaeffler-Boss Jürgen Geißinger, hatte Wennemer noch Mitte Juli getönt. Da hatte sich Schaeffler über Aktienoptionen ohne Wissen der Conti-Bosse Zugriff auf 36 Prozent des Unternehmens gesichert.

Gewerkschaften wetterten gegen die „völlig intransparente“ Firma des Familienclans. Mitbestimmung wird bei den Schaefflers, laut Forbes mit 5,4 Milliarden Euro Vermögen auf Platz 104 der weltweit Reichsten, nicht so groß geschrieben wie bei der börsennotierten Conti.

Für die Aktionäre ist das Hauptergebnis wochenlanger Zockerei die Erhöhung des Kaufangebots von 70,12 auf 75 Euro pro Aktie. Schaeffler sicherte zudem zu, gegen den Willen der Conti keine Änderungen bei Unternehmensform, Firmensitz und Konzernzentrale vorzunehmen. Außerdem sollen bis mindestens 2014 alle Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge und Mitbestimmungsrechte unangetastet bleiben. IG Metall und IG BCE begrüßten die Einigung. Als „Garant“ für die Wahrung der Interessen von Continental soll Exbundeskanzler Gerhard Schröder über die Einhaltung wachen.

Der einstige „Autokanzler“ sei „nicht glaubwürdig“, sagte der Leiter der Bamberger Forschungsstelle Automobilwirtschaft (FAW), Wolfgang Meinig. Es sei fragwürdig, ausgerechnet den heutigen Aufsichtsratschef einer Tochter des russischen Energiekonzern Gazprom als „Gralshüter zum Schutz der Arbeitnehmerschaft zu engagieren“. Meinig warnte die Conti-Belegschaft davor, sich allzu sicher zu fühlen. Die Vereinbarung mit Regelungen zum Schutz der Mitarbeiter könne zwar frühestens im Frühjahr 2014 gekündigt werden. „Die Leute vergessen aber, dass fünf Jahre eine kurze Zeit sind“, sagte Meinig.

Teil der Vereinbarung ist, dass Schaeffler seinen Anteil bis 2012 auf bis zu 49,99 Prozent beschränkt. Das reicht, um den Konzern zu kontrollieren. Bei einer Mehrheit müssten Conti-Kredite in Höhe von gut elf Milliarden Euro neu verhandelt werden. Die hohe Verschuldung war ein Grund dafür, dass Conti zum Übernahmekandidaten geworden war.