Cyclassics: Stars drücken sich

Veranstalter vermutet, dass die scharfen Doping-Tests etwas damit zu tun haben könnten. Damit werden die Fahrer der Jedermann-Rennen vollends zum Mittelpunkt des Radsport-Wochenendes

VON CHRISTIAN GÖRTZEN

Wenn es überhaupt noch eines Hinweises bedurft hätte, wie dopingverseucht der Radsport ist, dann wurde er jetzt erbracht. Nachdem die Agentur Upsolut, Veranstalter der Deutschland-Tour und der am Sonntag in Hamburg zum 13. Mal stattfindenden Cyclassics, stolz bekannt gegeben hatte, dass bei dem Rennen zum ersten Mal in Deutschland Dopingtests nach neuen Verfahren praktiziert würden, habe es Absagen gehagelt, sagte der Cyclassics-Organisator Frank Bertling.

„Eine zweistellige Zahl von Fahrern zog es kurzfristig vor, bei der Spanien-Rundfahrt zu starten, wo etwa Insulin nicht nachweisbar ist“, sagte Bertling. Darüber möge sich doch bitte jeder selbst seine Gedanken machen. Zu jenen Fahrern, die eilig ihren Terminplan umgeworfen haben, gehört auch ein gewisser Erik Zabel. Zu mehr als der dünnen Begründung, dass er im Herbst seiner Karriere innerhalb einer Saison einmal alle drei großen Rundfahrten absolvieren wolle – also den Giro d‘Italia, die Tour de France und auch die spanische Vuelta – war der 38 Jahre alte Berliner mit dem ja so putzigen Bürstenhaarschnitt nicht in der Lage. Also müsse Hamburg an diesem Wochenende ohne ihn auskommen.

„Ach, der Erik! Der schon wieder!“, mag der gepeinigte Beobachter jetzt gequält ausrufen. Und sich gleich danach fragen, ob es der Möchtegern-Sympathieträger allen Ernstes für möglich hält, dass ihm noch Glauben geschenkt wird. Am 24. Mai 2007 outete er sich auf einer Pressekonferenz, die zu einer weinerlichen Tränenshow verkam, bekanntlich als Betrüger und Lügner.

Er gab zu, bei der Tour de France 1996 eine Woche lang Doping mit EPO betrieben zu haben. Eine Woche nur, wohlgemerkt. Das Grüne Trikot bei der Tour de France für den besten Sprinter hat Zabel übrigens sechs Mal gewonnen. Aber das hier natürlich nur vollkommen am Rande. Es müssen wohl die Bananen gewesen sein, die ihm so schnelle Beine gemacht haben.

Erik Zabel bezeichnete die Anwendung des Dopingmittels EPO während der Tour als eine Art Testphase, die er nach rapider Verschlechterung seiner gesundheitlichen Werte wieder beendet habe. Da sein Vergehen zum Zeitpunkt des Dopinggeständnisses bereits verjährt war, wird er weiter in der offiziellen Siegerliste der Tour de France aufgeführt. Am Sonntag in Hamburg wird Zabel, der Cyclassics-Sieger von 2001, also fehlen.

Vermutlich wird es auch in den nächsten Jahren nicht anders sein, denn die Organisatoren des Rennens stehen vor einer grundsätzlichen Entscheidung. Ein Ausstieg aus der Weltcup-Serie „Pro Tour“ ist wahrscheinlich. Es ist auch gut denkbar, dass sich die Cyclassics in eine reine Breitensportveranstaltung verwandeln werden.

Deshalb sind am Sonntag – in Ermangelung der Stars beim Profirennen – die 22.000 Hobbyfahrer die eigentliche Attraktion der Veranstaltung. „Andere Radsportveranstalter haben große finanzielle Probleme bis hin zur Absage. Wir profitieren davon, dass wir von Anfang auf die Jedermann-Rennen gesetzt haben“, sagt Bertling.

Mit der geringeren Anzahl an Stars dürfte am Sonntag in Hamburg auch das Zuschauerinteresse sinken. Solche Zahlen wie noch in den vergangenen Jahren – damals war voller Stolz von 500.000 Zuschauern an der Strecke die Rede – dürfte es dieses Mal nicht mehr geben.

Schon die rapide abgestürzten TV-Einschaltquoten bei der Tour de France in diesem Jahr haben bewiesen, dass kaum noch einer den Radsportlern Glauben schenken mag. In Hamburg setzen die Veranstalter aus diesem Grund immer mehr auf den Radsportler von nebenan. Dummerweise aber wird auch unter den Hobbysportlern munter gedopt. Manch einer möchte eben im Bekanntenkreis gut dastehen, an Achtung gewinnen, prahlen können – um jeden Preis.