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Archiv-Artikel

Kein Platz für Roma

Bei der Gagfah-Immobilien Gesellschaft kann man Vorwürfe, man würde Sinti und Roma bei der Wohnungssuche diskriminieren, nicht nachvollziehen – obwohl es deutliche Indizien dafür gibt

Die Gagfah will nur „die sozialstrukturelle Ausgewogenheit“ im Blick haben

von Christian Jakob und Jan Zier

Es geht reichlich beengt zu bei den P.s. Seit Jahren teilt sich die siebenköpfige Familie eine kleine Drei-Zimmer Wohnung im Gröpelinger „Wohlers Eichen“-Quartier. Als die P.s da Ende August eine Annonce der Gagfah Immobilien für eine Vier-Zimmer-Wohnung in der Neustädter Osterstraße – 94 Quadratmeter für 753 Euro – sahen, wollten sie zugreifen.

Eine Sozialpädagogin der Waller Beratungsstelle „effect“, die bei den P.s Familienhilfe leistet, vereinbarte für den 28. August einen Besichtigungstermin. Die P.s waren die ersten Interessenten, die das Objekt besichtigten – und zufrieden. Sie wollten einziehen. Am nächsten Tag telefonierte die Pädagogin mit der Gagfah, um den Mietvertrag vorzubereiten, bekam auch das Papier, das die P.s zur Vorlage bei der Bremer Agentur für Integration und Soziales (BAGIS) brauchten. Alles schien geklärt.

Doch die P.s sind langjährige Mieter der Gagfah – und Roma. Und so erklärt sich „effect“-Chef Peter Stapke, dass am Montag schon wieder alles anders aussah. „Die Wohnung sei nun doch bereits vergeben,“ habe es plötzlich geheißen, und außerdem hätten die P.s vorübergehend Mietschulden gehabt. Stapke hielt dies für vorgeschobene Gründe. Er rief kurz darauf bei der Gagfah an, gab sich als Interessent für die Osterstraße aus – und bekam prompt einen Besichtigungstermin.

Noch am Dienstag wurde die angeblich vergebene Wohnung auf der Gagfah-Homepage angeboten. Und auch das Mietargument überzeugte die Pädagogin nicht: „Die Miete der P.s zahlt die BAGIS – und die zahlt zuverlässig.“ Zudem sei der Fall dringend: „Jeder deutsche Beamter, der sehen würde, unter welchen Bedingungen diese Familie im Moment lebt, würde sofort eine Notlage erkennen.“ Man habe zahlreiche Mieter, deren Miete von staatlicher Stelle beglichen werde, heißt es bei der Gagfah.

Sie bot den P.s. eine größere Wohnung in Wohlers Eichen an – trotz der einstigen Mietrückstände. Doch dort wollen sie weg. „Da aufzuwachsen tut den Kindern nicht gut“ – darin sind sich die SozialpädagogInnen und die Eltern einig. „In einem anderen Umfeld hätten sie ganz andere Möglichkeiten, sich zu entwickeln“, so glaubt die Pädagogin, als in dem „nicht sehr harmonischen“ und für seine hohe Kriminalitätsrate bekannten Wohlers Eichen. Bei „effect“ nennt man das Verhalten der Gagfah zwar „eine Unverschämtheit“, will aber auch nicht verschweigen, dass die P.s „ziemlich problematisch“ seien. „Genau deswegen sollte man ihnen auch ermöglichen, dort weg zu ziehen, wenn sie das wollen.“

„Wir beobachten immer wieder, dass man versucht, solche Familien – vor allem wenn es sich um Roma handelt – in bestimmten Stadtteilen zu halten,“ sagt Stapke. Erst vergangene Woche hatte sich der Bremer Sinti-Verein beklagt, dass die „Bremische“ Wohnungsgesellschaft „partout“ keine Wohnungen an Sinti und Roma vermieten wolle. In einem von mehreren geschilderten Fällen hat die Bremische mittlerweile überraschend doch noch eine Wohnung angeboten (taz berichtete).

Bei der Gagfah kann man den Vorwurf der Diskriminierung „so nicht nachvollziehen“. Die Herkunft spiele keine Rolle, sagt eine Unternehmenssprecherin, dafür aber die „sozialstrukturelle Ausgewogenheit“ der Quartiere, die man „immer im Blick“ habe: „Wir achten darauf, dass die Mieter zusammen passen und gerne zusammen wohnen“.