: Kein Schutz vor Psycho-Piloten
Nach dem Frankfurter Horrortrip: Wie leicht kann man auf Mini-Airports Flieger kapern?
FRANKFURT/M. taz ■ Nach der Flugzeugentführung am Sonntag in Babenhausen steht fest: Mit einer Rasterfahndung wäre dem offenbar geistig verwirrten Psychologiestudenten aus Darmstadt nicht beizukommen gewesen. Der Freizeitpilot mit abgelaufener Lizenz ist weder Araber noch Afrikaner, noch gehört er einer islamischen Religionsgemeinschaft an. Franz-Stephan Strambach (31) hatte zunächst damit gedroht, sich mit dem gekaperten Motorsegler in den Turm der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt zu stürzen. Nach zwei Stunden jedoch brach er seinen Horrorflug zwischen den Bankentürmen ab und landete auf dem Flughafen.
Außerdem steht seit diesem Sonntag fest, dass es absolute Sicherheit vor Anschlägen nicht gibt. Das weiß auch der Boss der Flughafenbetreibergesellschaft Fraport AG, Wilhelm Bender. Doch während Fraport „massiv in die Sicherheit investiert“, so Bender, könne auf einem kleinen Flugplatz wie in Babenhausen offenbar einfach einer mit vorgehaltener Waffe ein Flugzeug kapern. Bender forderte „die Behörden“ auf, für mehr Sicherheit zu sorgen. Es sei doch „traurig, das es ein Verrückter schafft, über Stunden hinweg eine ganze Stadt lahm zu legen“.
Tatsächlich ging am Sonntag in Frankfurt zwischen 15.30 Uhr und 17.30 Uhr nichts mehr. Autos wurden am Stadtrand angehalten, der Hauptbahnhof geschlossen und die City auch für Fußgänger gesperrt. Zuvor schon hatten Polizisten und Feuerwehrleute alle Wolkenkratzer dort geräumt. Auf dem Flughafen kam es zu 116 Flugausfällen.
Der Flugzeugentführer wurde gestern dem Haftrichter vorgeführt. Ihm wird von der Staatsanwaltschaft räuberische Erpressung, Störung des öffentlichen Friedens, Bedrohung und versuchte Nötigung vorgeworfen. Da die Ermittler an der Zurechnungsfähigkeit des Mannes zweifeln, wollte die Staatsanwaltschaft beantragen, ihn in der Psychiatrie unterzubringen.
Offenbar wollte der Mann an die Explosion des US-Raumschiffes Challenger am 28. Januar 1986 erinnern, bei der sieben Astronauten starben, unter ihnen die 37 Jahre alte Elektroingenieurin und Dichterin Judith A. Resnik. Diese Astronautin, die auch als Frauenrechtlerin bekannt war, faszinierte Strambach. Über Funk soll er sogar bekannt haben, sie zu lieben. Auf einer Website jedenfalls präsentiert er ihre Biografie und Berichte über die größte Katastrophe der US-Raumfahrt, die damals von Nasa-Kritikern despektierlich „Seven up“ genannt wurde.
Und Strambach listet auf einer anderen Website Links zu Computerspielen mit Flugsimulatoren auf: vom Raumschiff über den F-16-Kampfbomber und die ganze Boeing-Familie bis hin zur kleinen Fokker. Nach dem 11. September 2001 wurde in den USA darüber diskutiert, ob das Spielen an solchen Flugsimulatoren dazu befähige, ein Flugzeug zu steuern. Experten haben das damals verneint.
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT