: Jukebox
Tonight I’m gonna have myself a real good time
Oh, der Tag, als Freddie Mercury dahinschied: Nie werde ich das Bild vergessen, wie meine Mutter mich mitten in der Nacht (3.42 Uhr) mit den Worten „Telefon für dich“ aus dem Schlaf rüttelte. Am anderen Ende schluchzte W., Mitglied des informellen Mountainbikegeschwaders meiner Schule, sportlich, intelligent und arrogant: „Hast du schon gehört, Kurt ist tot.“ … Äh, Moment. Kurz innehaltend werde ich gewahr, dass es bei diesem Anruf, den nebenbei gar nicht ich, sondern T., ebenfalls ein sehr gut aussehender Mountainbiker, in den ich wohl ein wenig verschossen war, entgegengenommen hatte, gar nicht um den charismatischen Frontmann von Queen, sondern um einen heroinabhängigen Waschlappen aus Aberdeen (Washington State) ging. Übrigens: Der dritte und auch sympathischste im Bunde der Fahrradfreaks, R., beklagte sich nach Mercurys Tod, dass jetzt auf einmal Leute Queen hörten, die vorher nicht einmal wussten, wer der Welt „We are the Champions“ gegeben hatte. Ich nickte verständig, war R. in meinen Augen doch eine popkulturelle Koryphäe, heute aber denke ich, dass er sich stattdessen über den gestiegenen Verbreitungsgrad seiner Lieblingsband hätte freuen sollen. Es kann doch nicht schaden, wenn z. B. mit „Jazz“, dass außer Jazz so ziemlich alles zu bieten hat, ein so eklektizistisches wie hervorragendes Album eine noch größere Aufmerksamkeit erlangt. Schon der erste Track, das unglaublich treibende „Mustapha“ lässt keinen Zweifel daran, dass sich Queen um Stilgrenzen nicht schert und dabei sehr ernsthaft albern werden kann. Das eschatologische Heilsversprechen „Don’t Stop Me Now“ ist der frühe Soundtrack der hedonistischen Achtziger, deren trauriger Abgesang irgendwann der HI-Virus und später dann Nirwana werden sollte. Die bekannten „Fat Bottomed Girls“ und „Bicycle Race“ sind auf ihre Weise echte Juwelen. Letzteres, durch seine Tempiwechsel und originelle harmonischen Einfälle ein Klassiker, war natürlich eine Hymne für meine fahrradfahrenden Schulfreunde. Was wohl aus den dreien geworden ist? Wahrscheinlich drücken sie ihre Bierbäuche hinter das Lenkrad eines Familienautos und schauen dabei wehmütig auf die rostenden Zeugen ihrer Jugend an der hinteren Garagenwand. Während ich …; ach, das lassen wir besser. DANIÉL KRETSCHMAR