BUCHTIPP

Die Welt als Radweg

Siegfried Kotthoff ist Radfahrer aus Leidenschaft. Dreißig Jahre lang hat der Stadtplaner den Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad zurückgelegt. Viele Jahre arbeitete er im Bremer Bau- und Umweltressort – und war dort unter anderem für die Förderung des Radverkehrs zuständig. Seit zwei Jahren ist er in Altersteilzeit, erradelt die Welt mit seinem Freund Karl-Heinz und hat jetzt seine gesammelten Erfahrungen „Die Welt als Radweg“ vorgelegt. Das Buch ist ein Zwitter: Im ersten Teil formuliert Kotthoff Gedanken zur „Philosophie des Radfahrens“, im zweiten Teil schreibt er über „Radweg-Welten“.

Stadtplaner Kotthoff hat einen Traum: „Das Fahrrad profitiert vom Klimawandel und steigt zum vollwertigen Verkehrsmittel auf.“ Solange er über Stadtplanung, Verkehrspolitik und über Entschleunigung sinniert, kann man dem Autor gut folgen und ihm nur zustimmen. Häufig allerdings gerinnen persönliche Erkenntnisse zu Plattheiten wie „Ein großer Gegner beim Radfahren ist der Gegenwind.“

Plaudernd verfranst sich der Autor im eklektischen Allerlei und hält es mit Eigennamen von Radheroen nicht so genau: Lens Armstrong? Jan Ulrich? Erich Zabel? Wo ist der korrigierende Eingriff des Lektors geblieben? Hier noch gibt Kotthoff praktische Ratschläge zu Trinkflaschen und Entkeimern, GPS-Geräten und Radcomputern, dort schon erzählt er Anekdoten von Erfindung und Entwicklung des Rads, über bahnbrechende Ereignisse im Radsport bis zum Rad als Waffe im Krieg: „Fahrräder erhöhten die Wendigkeit der kleinen belgischen Armee gegen die vorrückenden deutschen Truppen im August/September 1914.“ Von 1914 sind es nur wenige Seiten bis zum Fahrrad als Vehikel zur Emanzipation der Frau und zum Rad als Protagonisten literarischer Werke von Mark Twain, Henry Miller und Simone de Beauvoir. Deren Gefährte, Jean-Paul Sartre, konnte selbst beim Radeln nicht vom Philosophieren lassen und landete so manches Mal im Straßengraben.

Und schon landen wir mit Kotthoff in China, in weiteren Kapiteln radelt er durch Ägypten und Kanada, zum Nordkap und durchs Baltikum. Dabei paart der Autor Reiseführerweisheiten wie „Die verbotene Stadt, der Kaiserpalast, hat eine 500-jährige Geschichte“ mit höchst privaten Erinnerungen wie „Aus nicht nachvollziehbaren Gründen hatte ich zu wenige Unterhosen mitgenommen.“ Wenn einer eine Reise tut, dann hat er viel zu erzählen. GÜNTER ERMLICH

Siegfried Kotthoff: „Die Welt als Radweg“. Donat-Verlag, Bremen 2008, 176 S., 12,80 €