: Happy Hour mit Mick Flick
Berlin im Kunstglück: Vertrag über Flick-Collection unterzeichnet. Ab 2004 werden Werke für 7 Jahre gezeigt. Museumsleiter und Kulturstaatsministerin erfreut über Sammlung. Flick erhält Absolution
von ROLF LAUTENSCHLÄGER
Peter-Klaus Schuster, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin, war richtig happy. Er, der sonst darüber wehklagt, dass seine Depots mit Kunstwerken nur so überquellen und die Räume für Ausstellungen fehlen, verfiel am Donnerstag im Hamburger Bahnhof in einen wahren Freudentaumel. Es sei ein „großartiges“ Gefühl, die Flick-Collection jetzt in Berlin zu haben – ganz gleich, ob es sich um „2.000 oder 2.500 Kunstwerke“ handle. Eine „Sammlung moderner Kunst mit enzyklopädischem Charakter“ in „wahrhaft unbeschreiblichem Umfang“ habe man an Land gezogen, für den die Stadt einen „idealen Präsentationsort“ bilde.
Und Angst vor der riesigen Bilderflut, die zu noch mehr Engpässen im Fundus führen könnte, braucht Schuster auch nicht zu haben. Denn der Spender, Friedrich Christian „Mick“ Flick, habe das Museum gleich mitgebracht, so der Direktor. Flick werde die über 300 Meter lange Rieck-Speditionshalle neben dem Hamburger Bahnhof (Museum für Gegenwart) auf eigene Kosten zum Megaschauraum umbauen. Ein Glücksfall für das arme Land also!
Dass gestern angesichts der Vertragsunterzeichnung zwischen Flick und den Staatlichen Museen über eine der größten Privatsammlungen von Kunst des 20. Jahrhunderts niemand über die Exponate und ihren Spender stänkern wollte, war klar. Im Gegenteil. Man lachte auf dem Podium sogar über die blöden Züricher, die 2001 die Flick-Collection zurückgewiesen hatten. Verdächtigten die doch den Enkel des NS-Rüstungsproduzenten Friedrich Flick, die vielen Werke auch „mit Kriegsverbrechergeld“ eingekauft zu haben.
Klaus-Dieter Lehmann, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), sagte, die Einbindung der Sammlung in die Struktur der Museen werde „die Museumslandschaft der Stadt entscheidend bereichern“. Durch ihre „künstlerische Vielfalt und ihren Reichtum“ – darunter Werke von Bruce Nauman, Alberto Giacometti oder Cy Twombly –, so Lehmann weiter, bilde die Flick-Sammlung eine nie dagewesene Ergänzung zu den schon vorhandenen Werkkomplexen der Sammler Marx und Marzona.
Auch Berlins Regierender Bürgermeister Wowereit (SPD), der den Deal mit Flick eingefädelt und binnen weniger Monate festgezurrt hatte, sprach gestern „von einem guten Tag für Berlin“. Er hoffe, dass die auf sieben Jahre erworbene Sammlung noch länger als vertraglich geregelt in der Stadt gehalten werden könne. Dass schließlich Kulturstaatsministerin Christina Weiss (parteilos) den „Kunsttransfer“ nach Berlin auch als „Glücksfall“ bezeichnete, wäre kaum berichtenswert, hängte sie nicht noch eine Absolution ans Ende ihrer Rede: „Ich verstehe wohl, dass sich Herr Flick Fragen nach der Vergangenheit seiner Familie gefallen lassen muss. Ich verstehe aber nicht, wie sich eine Konvergenz zwischen der Zeit des nationalsozialistischen Terrorregimes und einer Sammlung zeitgenössischer, frei entwickelter Kunst herstellen lässt. Wie kann man versuchen, Kunst in Sippenhaft zu nehmen und sie zur Nichtachtung zu verurteilen?“
Flick, der Spender, verstand die Botschaft wohl. Er habe Berlin als „weltoffene, dynamische Stadt“ kennen gelernt und sei froh, dass seine Sammlung hier ihren Platz finde. Zugleich habe er die Diskussion über die Geschichte seiner Familie und deren unselige Vergangenheit verstanden und sich „ihr gestellt“. Diese Vergangenheit sei einer der Gründe dafür, gesellschaftskritische Werke zu erwerben und diese zum Schwerpunkt der Kollektion gemacht zu haben.
Ab 2004 wird das zu sehen sein. Reden sollte man über die Sammlung und Flick jetzt – ließ Kultursenator Flierl (PDS) per E-Mail gestern mitteilen.