: „Bild“-Chef verlängert Penis-Prozess
Kai Diekmann geht beim Rechtsstreit mit der taz um eine „Wahrheit“-Satire in Berufung – er fordert weiter Schmerzensgeld
von MICHAEL RINGEL
Neues Jahr, neue Runde im Penis-Prozess zwischen Bild-Chef Kai Diekmann und der taz. Diekmann und seine Anwälte gehen in die Berufung. Offenbar gefiel ihnen die Urteilsbegründung des Berliner Landgerichts nicht (siehe Dokumentation unten). Über die Motive der erneuten Klage kann man jedoch nur spekulieren. Die Pressesprecherin des Springer-Verlags wollte den Fall auf Rückfrage der taz nicht kommentieren.
Am 8. Mai 2002 hatte der Satiriker Gerhard Henschel auf der Wahrheit-Seite eine Fake-Reportage mit dem Titel: „Sex-Schock! Penis kaputt?“ veröffentlicht. Dort kolportiert Henschel erfundene Gerüchte über eine missglückte Penisverlängerung des Bild-Chefs. Nach Erscheinen des Artikels verklagte Diekmann die taz wegen Verletzung seines Persönlichkeitsrechts auf ein Schmerzensgeld von mindestens 30.000 Euro. Der Penis-Prozess fand am 19. November 2002 statt.
Die Richter fällten ein weises Urteil: Die taz darf den Artikel nicht wieder veröffentlichen. Zwar handele es sich eindeutig um eine Satire, allerdings läge eine Persönlichkeitsrechtsverletzung vor. Diese Verletzung sei jedoch nicht so schwerwiegend, dass Diekmann Schmerzensgeld zustände, so die Richter.
Der Tenor des Urteils lautet: Als Chefredakteur der Bild-Zeitung verstoße Kai Diekmann ständig gegen das Persönlichkeitsrecht. Daher müsse es sich Diekmann gefallen lassen, in satirischer Form selbst zum Gegenstand einer Persönlichkeitsrechtsverletzung zu werden. Die kritische Auseinandersetzung mit seiner Tätigkeit erfordere andere Maßstäbe, als sie üblicherweise Journalisten zugestanden werden. Oder in den Worten der Wahrheit: Wer die Unterhosen fremder Menschen aus dem Fenster hängt, der darf ruhig spüren, wie es ist, wenn die eigene Unterhose im Wind flattert.
Also wird es demnächst wieder eine juristische Aufführung der besonderen Art geben – in der Hauptrolle: Kai Diekmanns Penis. Bleibt nur eine Frage: Macht sich Diekmann bewusst zum Branchengespött?