ns-gedenken : Gedenkrausch mit Folgen
Niemand wird behaupten, die Debatte in der Stadt und im Deutschen Bundestag über den Bau einer zentralen Holocaust-Gedenkstätte sei überflüssig gewesen. Dies umso mehr, als Erinnerung an die NS-Vergangenheit im Zeitalter der Kohl-Regierung sowie der DDR durch staatlich verordnetes und zugleich undifferenziertes Handeln geprägt war. Man hat es sich leicht gemacht mit den „Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft“ hier und des Faschismus dort. So leicht, dass die Neue Wache heute als Symbol einer Geschichtspolitik der Verdrängung firmiert.
Kommentar von ROLF LAUTENSCHLÄGER
Marginalisiert hat das Holocaust-Mahnmal dennoch und bis dato die Debatte, die jenseits des großen nationalen Erinnerungsrauschs weiter mit Verve um neue Gedenkprojekte ringt. Nach wie vor verzögern sich wie selbstverständlich Bau – und vor allem Programm – der Topographie. Berlin streitet sich nicht laut um ein klares Gedenkstättenkonzept. Kultursenator Flierl sieht zu Recht noch ganze Opfergruppen ausgeschlossen. Und schließlich gehört das aktuelle Thema der Erinnerung über Geschichte und ihre Instrumentalisierung wissenschaftlichen Zirkeln und nicht der Öffentlichkeit.
Dass sich der verhinderte Diskurs angesichts des nationalen Holocaust-Monuments noch gefallen lassen muss, einer „Mahnmalinflation“ das Wort zu reden, ist nur blöd. Gefährlich wird es, wenn fehlende Etats, keine neuen Stellen und fehlender politischer Wille zu Verstärkern einer neuen Schlussstrichdebatte würden. Statt Abschied von der Erinnerung ist Aufbruch gefordert – schon angesichts eines drohenden Krieges und seiner Initiatoren.