Die neuen Abenteuer des John Rambo

Von Washington über Afghanistan bis zum Subjekt und seinem Körper: Die Performer Jörn Burmester und Florian Feigl verfolgen mit ihrem Stück „Rambo IV Preview – World Without Evil“ im Neuen Cinema den Weg von alten zu neuen Kriegen und Ausnahmezuständen

Manchmal hat Hollywood etwas Prophetisches an sich, und Filmträume werden wahr. Manchmal werden auch seine Albträume Wirklichkeit. In The Siege von 1998 halten Terroristen New York in Atem, bis das Militär eingreift und den Ausnahmezustand verhängt. Es ist fast gespenstisch, wie die Bilder der Traumfabrik drei Jahre später zu realen Nachrichten wurden. 1988 verabschiedete sich Sylvester Stallone als John Rambo nach Afghanistan, um nach verschollenen US-amerikanischen Militärs zu suchen. Auch das hat sich später fast genauso tatsächlich ereignet, und davon handelt das Rambo IV Preview.

Die Performer Jörn Burmester und Florian Feigl erzählen im Vordergrund einer Projektion des dritten Rambo-Films über die gegenseitigen Befruchtungen von Hollywood und Vietnam. Sie beschreiben, wie jetzt zum ersten Mal nach dem Fall des Eisernen Vorhangs das Böse von George Bush jun. wieder benannt – und die gesamte Bevölkerung in einen Ausnahmezustand gedrängt wird.

Mit nackten Oberkörpern und Stoffbändern in den Haaren spinnen die Performer ein Netz aus Verschwörungstheorien und historischen Fakten um den zivilen und militärischen Komplex Amerika. Warum ist der Polizeiruf New Yorks 911? Warum konnte Porsche den Verkauf seines Modells 911 nach dem Zusammensturz der Zwillingstürme fast verdoppeln? Burmester und Feigl führen unzählige Beispiele dafür an, dass Krieg inzwischen zu einem massenkulturellen Phänomen geworden ist. Tarnklamotten, kämpferische Börsenberichterstattung und Geländewagen in den Städten sind nur wenige Beispiele aus dem Kampfgelände Gegenwart.

1976 fragte Michel Foucault, ob nicht unterhalb von Frieden, Ordnung und Reichtum, von Staatsapparaten und Gesetzen eine Art primitiver Krieg zu hören sei. Wir stünden im Grunde alle miteinander im Krieg: „Eine Schlachtlinie zieht sich ... durch die ganze Gesellschaft“ und ordne jeden von uns dem einen oder anderen Lager zu. Es gebe kein neutrales Subjekt. Man sei zwangsläufig immer der Gegner von irgendjemandem.

Parteien versuchen heutenicht mehr, alle auf ihre Seite zu bringen, sondern sie stellen Teile der Bevölkerung als abweichend bloß. Diese Praxis nennt die Politikwissenschaftlerin Mary Kaldor den „neuen Krieg“. Und auch Hollywood trägt dazu bei, die Gesellschaft in permantem Angstzustand zu halten. Ob Burmester und Feigl sich nur auf die Seite der „Bescheidwisser“ schlagen oder ob sie wirklich in das „Herz der Finsternis“ eintauchen, wird der Abend im neuen Cinema zeigen. Arsen Dedic

Sa + So, 20 Uhr, Neues Cinema