Beamtendämmern

GAL will auch Bildungszentren für BerufsschülerInnen. Damit erschöpfen sich aber auch schon die Gemeinsamkeiten mit Senat und Handelskammer

„Berufsschulen dürfen keine Agentur des Staates oder der Wirtschaft sein“

von PETER AHRENS

Wie geht es weiter mit der beruflichen Bildung? Im Ziel sind sich die GAL und die Handelskammer sogar einig: Berufsbildungszentren sollen her. Der Weg dahin verläuft dann jedoch in ganz andere Richtungen. Während die Handelskammer im Privatisieren ihr Heil sucht, wollen die Grünen die Oberhoheit des Staates über den Bildungsauftrag wahren. Die LehrerInnen sollten jedoch auf Dauer nicht mehr länger Beamte sein. Gestern stellte GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch gemeinsam mit BerufsschullehrerInnen das Konzept ihrer Partei vor.

„Das Prinzip der Handelskammer, überhastet auszubilden, um die aktuellen Bedarfe in der Wirtschaft zu decken, lehnen wir ab“, sagte Goetsch. Das fördere langfristig nur „Frustkarrieren“ bei jungen Leuten. Stattdessen wünscht sich die GAL, dass die schulische Ausbildung auch weiterhin gewährleistet wird. Allerdings müsste sich in der Ausbildung selbst einiges ändern, um vor allem benachteiligten Jugendlichen Erfolgserlebnisse zu gönnen. „Heute haben wir in Hamburg allein 12.000 Jugendliche ohne anrechenbare Qualifikation“, rechnet Rolf Deutschmann, Lehrer an einer gewerblichen Berufsschule, vor: Für zwei Drittel von ihnen sei der Weg in die Sozialhilfe geradezu vorgezeichnet.

Um gerade dieser Klientel zu helfen, müsse es innerhalb der Ausbildung möglich sein, Zertifikate zu erwerben, auch wenn zum Abschluss die Gesellenprüfung nicht geschafft würde. Wenn zum Beispiel jemand eine Auzsbildung zum Kfz-Mechaniker macht, dann soll ihm auch angerechnet werden, wenn er in der Lage ist, einen Motor wieder zum Laufen zu bringen oder einen Reifen auszuwuchten. Mit diesen Zertifikaten könne man sich dann auch ohne Gesellenbrief bewerben.

Was dagegen die Handelskammer plane, sei „ein sinnloses Zerschlagen und Zusammenlegen“, kritisiert Berufsschulleiter Hans-Günther Dittrich. Statt der Kammern sollten die einzelnen Schulen selbst und ihr Personal künftig bestimmen können, was wie an den Berufsschulen gelernt wird. Dazu gehöre auch, dass man sich vom Beamtenstatus verabschiede. „Schon heute besteht an den Schulen ein Mördergegensatz zu den Zielen, die die staatliche Politik verkündet“, sagt Dittrich: Von daher sei es nur folgerichtig, dass man die Schulen selbständig und nicht „als Agentur des Staates oder der Wirtschaft“ am Gängelband halte.

Dittrich verlangt zudem, dass die Geschäftsleitungen der Schulen künftig stärker nach Qualifikation besetzt werden müssten: „Es muss Schluss damit sein, dass sich eine Büroleitung dadurch qualifiziert, dass sie zuvor als langjährige Gemeindeschwester tätig war.“ Die Leitung solle von einem Beirat gewählt werden, der sich aus Vertretern von Behörde, Schule, Wirtschaft und Gewerkschaft zusammensetzt.

Die GAL hatte die Pressekonferenz mit ihren Plänen bewusst auf den gestrigen Tag gelegt, weil der Senat an sich heute seine Vorstellungen auf einer Fachtagung vorstellen wollte. Nachdem es aber innerhalb der Behörde offenbar unterschiedliche Ansichten darüber gibt, wie groß der Einfluss der Wirtschaft auf die Berufsschulen sein sollte, wurde die Tagung kurzfristig abgesagt (taz berichtete).