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Archiv-Artikel

usa versus altes europa Zusammenprall der Zivilisationen

Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer. Sie drehen sich um die böse Achse und zeigen den USA die Fratze. Aber das können diese Schurken nur straflos tun, weil sie beschützt werden. Von einer zweiten Achse. Um sie kreisen die hinterhältigen Vermittler. Statt ernsthafte Arbeit für die Kriegsvorbereitung zu leisten, schauspielern sie in dem Streifen „Warten auf den Bericht der Waffeninspektoren“, den Präsident Bush nicht mehr sehen kann. Jetzt hat der Verteidigungsminister der USA, Donald Rumsfeld, diese Verhinderungsachse verortet. Sie verbindet Berlin mit Paris, und Rumsfeld nennt sie „das alte Europa“.

Kommentarvon CHRISTIAN SEMLER

Welch grundstürzende Wendung der Theorie vom Zusammenprall der Zivilisationen. Das alte Europa gegen die Neue Welt. Die Neue Welt hat die globale Herausforderung angenommen, sie kämpft gegen Terroristen und Tyrannen – und dies im Dienst der Humanität. Mit offenem Visier, geradeheraus. Das alte Europa hingegen will seine morschen Knochen schonen, ist zu lahm für den Blitzkrieg, laviert geheimdiplomatisch, als sei der Geist des hinkenden Teufels Talleyrand in den französischen Außenminister Dominique de Villepin (auch so ein Aristokrat!) gefahren. Das „alte Europa“ hätschelt seine Leiden aus lumpigen zwei Weltkriegen. Es jagt der Schimäre von friedlichen Konfliktlösungen nach und versteckt sich altersschwach hinter der Charta der Vereinten Nationen. Ganz so, als ob die USA kraft ihrer schieren Existenz nicht Gewähr böten für Universalismus und Menschenrechte.

Aber wo die Fäulnis um sich greift, erwachsen auch Kräfte der Gesundung. Dem alten kontrastiert Rumsfeld das neue, das junge Europa. Da wären zunächst die zwar alten, aber jung gebliebenen Nationen zu nennen, als deren Vertreter der amerikanische Verteidigungsminister die dynamischen Persönlichkeiten Blair und Aznar benennt. Vor allem aber geht es um die wahrhaft neuen, um die noch unverbildeten, idealistisch denkenden Länder im Osten und Südosten des Kontinents. Auf ihnen ruhen Rumsfelds Hoffnungen. Dort herrscht noch Vertrauen in die Vereinigten Staaten, wie die jüngsten, umfänglichen Waffenkäufe bei amerikanischen Firmen erweisen.

Aber wird das neue Europa kräftig genug sein, sich der Verlockungen zu erwehren, die von dem zwar notorisch kriegsuntüchtigen, aber in Handel und Wandel erfolgreichen alten Europa ausgehen? Diesen nagenden Zweifel können wir Rumsfeld leider nicht nehmen.