: Schill-Out in Göttingen
Beim kleinen Parteitag der Schill-Partei fliegen Steine und Eier. Kaum Erfolgschancen bei der Niedersachsenwahl
GÖTTINGEN taz ■ Aufrufe und Demonstrationen gegen Rechtsradikalismus und Fremdenhass begleiteten am Samstag den kleinen Parteitag der Schill-Partei im niedersächsischen Göttingen. „Schill-Out!“ stand auf großflächigen Plakaten in der Innenstadt zu lesen. Etwa 250 Gegendemonstranten versuchten, die Veranstaltung zu stören. Auch zu weniger friedlichen Protesten kam es dabei. Das Auto des Parteigründers und -vorsitzenden Roland Schill wurde mit Steinen, Eiern und Farbbeuteln beworfen.
Die Polizei setzte Schlagstöcke, Hunde und Reizgas gegen die Demonstranten ein. Ein Demonstrant wurde von einem Polizeihund in den Arm gebissen, ein Polizist erlitt Verletzungen im Gesicht. Insgesamt sieben Personen wurden von der Polizei in Gewahrsam genommen, später aber freigesetzt. Ihnen werden Sachbeschädigung, Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen. Die Partei kommentierte die Vorfälle nicht. Einige Demonstranten beschwerten sich hingegen über das brutale Vorgehen der Polizei.
Der Parteitag fand eine Woche vor der Landtagswahl in Niedersachsen statt. Schill tritt mit Direktkandidaten in 30 von 100 Wahlkreisen an. Bei einem Einzug in den Landtag, den Beobachter für ausgeschlossen halten, will die Gruppierung mit der CDU koalieren.
Intern geht es bei der Schill-Partei derzeit turbulent zu. Der schleswig-holsteinische Vorsitzende der Partei, Wolfgang Tiedt, übte am Wochenende scharfe Kritik am Parteigründer Roland Schill, der auch Hamburger Innensenator ist. „Ungeachtet aller Verdienste von Schill bin ich der Ansicht, dass Schill nicht Bundesvorsitzender oder Ehrenvorsitzender der Partei werden sollte“, sagte Tiedt am Samstag auf dem ersten Landesparteitag des schleswig-holsteinischen Landesverbandes, der erst vor fünf Monaten gegründet worden war.
Die Positionen, die Schill in den vergangene Monaten vertreten habe, seien bundesweit „nicht mehrheitsfähig“, sagte Tiedt. Als Beispiel nannte er neben Schills missglücktem Auftritt im Bundestag auch dessen Forderungen, in Deutschland das Narkosegas zu verwenden, das bei dem Moskauer Geiseldrama im Oktober 2002 von russischen Sicherheitskräften zur Geiselbefreiung eingesetzt wurde. YASSIN MUSHARBASH