: Politik ohne Kind
Ministerpräsident Steinbrück setzt Grünen-Politikerin samt Baby vor die Tür. Jetzt gilt er als Frauenfeind
KÖLN taz ■ Irgendwie hätten es die Sozialdemokraten ja schon als Provokation auffassen können, dass der Düsseldorfer Regierungspartner in den gemeinsamen Koalitionsausschuss ausgerechnet einen Exponenten schwarz-grüner Zusammenarbeit mitnehmen musste. Peer Steinbrück reagierte kurzentschlossen: Er warf den Unruhestifter raus. Doch jetzt hat der sozialdemokratische Ministerpräsident ein Problem.
Denn der Gast, den er da am Montagabend unfreundlich vor die Tür setzte, ist erst zwei Monate alt. Er heißt David und ist der Sohn der grünen Fraktions-Vizechefin Barbara Steffens und des CDU-Landtagsabgeordneten Helmut Diegel. „Muss das denn sein?“, soll Steinbrück nach Angaben von Teilnehmern beim Anblick des Säuglings im Sitzungssaal gepoltert haben.
Während sich die SPD-Minister Harald Schartau und Jochen Dieckmann mit glänzenden Augen um den schwarz-grünen Nachwuchs bemüht hätten, habe Steinbrück nur geschnaubt: „Machen wir hier Politik mit dem Kinderwagen?“ Die Brüskierte musste den Raum verlassen – und versteht jetzt die rot-grüne Welt nicht mehr: „Bei den Koalitionsverhandlungen mit Johannes Rau und Wolfgang Clement war es nie ein Problem, wenn ich meinen damals noch kleinen ersten Sohn Elias dabei hatte.“
Für die Boulevardzeitungen ist Steinbrücks Fauxpas ein gefundenes Fressen. „Herr Minister, sind Sie ein Frauenfeind?“, titelte der Express. Auch die Opposition lässt sich die günstige Gelegenheit nicht entgehen: CDU-Fraktionschef Jürgen Rüttgers kündigte umgehend eine „Offensive für ein kinder- und familienfreundliches Nordrhein-Westfalen“ an. „Es ist auch Aufgabe der Politik, Vorurteile gegen Mütter abzubauen, die Familie und Beruf miteinander vereinbaren wollen.“
FDP-Counterpart Ingo Wolf bot sich gar als Babysitter an. Als „leidenschaftlicher Vater dreier Kinder“ sei er „gern bereit, die Betreuung von Frau Steffens‘ kleinem Sohn zu übernehmen, wenn Herr Steinbrück die Anwesenheit eines unschuldigen Kindes nicht ertragen kann.“
Nun ist Steinbrück um Schadensbegrenzung bemüht. Er schickte Steffens einen Brief und einen Blumenstrauß. Er habe die Grünen-Politikerin „nicht persönlich verletzen“ wollen. Für Steffens nicht ausreichend, denn in der Sache sei Steinbrück uneinsichtig. Trotzdem will sie jetzt nicht mehr nachkarten. „Für mich ist der Fall erledigt“, sagte die 41-Jährige. Aber: „Wenn sich keine andere Möglichkeit bietet“, so Steffens zur taz, „wird mich David in der Stillphase selbstverständlich weiter zu Sitzungen begleiten.“ PASCAL BEUCKER