: Nicht dealen, nicht spielen
Wenn eine Tischtennisplatte zum Politikum wird: Polizei baut Freizeitangebote im Schanzenpark ab, damit sich dort keine Drogenhändler treffen. Aus gleichem Grund wurde zuvor bereits ein Wäldchen abgeholzt. Der Sanierungsbeirat protestiert
von ELKE SPANNER
Die Ecke im Sternschanzenpark hatte ihre Funktion als innerstädtische Freizeitanlage erfüllt: Regelmäßig trafen sich 30 bis 40 junge Leute rund um die Tischtennisplatten Ecke Schröderstiftstraße/Kleiner Schäferkamp, um dort zusammenzusitzen, Tischtennis zu spielen oder spontan zum Kicken auf die benachbarte Wiese zu ziehen. Unter diese Gruppe aber hatten sich offensichtlich auch Drogendealer gemischt, und deshalb ist mit dem sportiven Treff jetzt Schluss: Auf Bitte der Polizei hat die Gartenbauabteilung des Bezirksamtes Eimsbüttel die Tischtennisplatten abgebaut und jede zweite der rundum stehenden Bänke entfernt – damit man dort nicht mehr gemütlich beisammensitzen kann. Der Sanierungsbeirat des Stadtteils, in dem sich AnwohnerInnen, Gewerbetreibende und PolitikerInnen zusammengefunden haben, protestiert: Einstimmig fordert das Gremium neue Tischtennisplatten im Schanzenpark.
Für die Polizei ist das Abbauen der Sportgeräte eine Maßnahme der „Gefahrenabwehr und Strafverfolgung“, sagt Sprecher Reinhard Fallak. Die zuständige Revierwache hätte im Herbst beobachtet, dass sich eine „kleine offene Drogenszene“ gebildet hatte, bestehend aus „schwarzafrikanischen Dealern und Konsumenten“. Die sei unkontrollierbar geworden, so dass man beim Bezirksamt um den Abbau des Treffpunktes gebeten hatte.
„Die Bekämpfung der Kriminalität darf nicht durch die Abschaffung von Sport- und Freizeitgeräten erfolgen“, hält dem der Sanierungsbeirat entgegen: „Nur ein attraktiver Schanzenpark mit vielfältigen Angeboten wird auch von den AnwohnerInnen genutzt und nicht der kriminellen Szene überlassen.“ Barbara Kayser, zuständige Gebietsbetreuerin der Stadtentwicklungsgesellschaft (Steg), fragt, „ob jetzt auch Kinderspielplätze abgebaut werden, wenn sich dort Dealer treffen“. Laut Wulf Sorge, Eigentümervertreter im Sanierungsbeirat, sei zudem das Argument der Polizei nicht richtig, dass die Platten ausschließlich als Treffpunkt der Drogenszene genutzt worden seien. Der Beirat hat von deren Abbau nämlich nur erfahren, weil ein leidenschaftlicher Tischtennisspieler sich beschwerte, dass ihm seine Sportmöglichkeit im Schanzenpark genommen worden ist.
Martin Schäfer, der für die SPD in der Bürgerschaft sitzt und sich im Café SternChance im Schanzenpark engagiert, kritisiert den Abbau von Freizeiteinrichtungen als „denkbar ungeeignetes Mittel“, um Dealer zu vertreiben. Und wenn die selbst Tischtennis spielen würden, „ist das ja nicht schlimm“. Für Sorge trägt die Maßnahme zudem den Duktus von Ausländerfeindlichkeit. An den Platten hätten „nachweislich viele Schwarze gespielt“, und die Polizei sei schlicht nicht in der Lage gewesen „zu unterscheiden, wer zu den Guten und wer zu den Bösen gehört. Da haben sie einfach die Platten abgebaut.“
Die Polizei geht laut Sprecher Fallak davon aus, dass sich die Dealer und Konsumenten jetzt „in Wohnungen zurückgezogen haben“. Für eine endgültige Bewertung allerdings, räumt er ein, müsse man zunächst das Frühjahr abwarten. Und die Erfahrungen mit vorherigen vergleichbaren Maßnahmen lassen nicht unbedingt vermuten, dass sich die Szene schlicht aufgelöst hat. Vor einem Jahr hatte die Polizei ein kleines Gehölz an der S-Bahn Sternschanze abholzen lassen, das als Treffpunkt der Drogenszene galt. In der Tat haben sich dort seither keine Dealer mehr getroffen. Denn, so Fallak: „Die sind weitergezogen: zu den Tischtennisplatten.“