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Archiv-Artikel

Bonner CDU-Vorsitzender zurückgetreten

Formal hat sich Helmut Hergarten korrekt verhalten. Trotzdem ist er jetzt über die örtliche Müllaffäre gestolpert

KÖLN taz ■ Helmut Hergarten hatte besonders pfiffig sein wollen. Nein, der „Fall Schreiber ist kein Fall der Bonner CDU“, grenzte sich der Parteivorsitzende mit entschlossener Stimme von den Machenschaften seines unter Korruptionsverdacht stehenden Ratsfraktionschefs ab. Denn, so erläuterte der Rechtsanwalt im April 2002: „Der Fraktionsvorsitzende Schreiber ist nicht als Spendensammler aufgetreten.“ Tatsächlich, so weiß man inzwischen, hat Schreiber durchaus gesammelt – aber nur bis kurz vor seiner Wahl zum Fraktionschef. Gestern zahlte Hergarten den Preis für seine formal korrekte Schummelei: Er musste als Chef der Bonner Christdemokraten zurücktreten.

Zehn Monate nachdem der damalige Fraktionschef Reiner Schreiber spektakulär beim Verlassen des Bonner Rathauses verhaftet wurde, hat die Affäre um die krummen Müllgeschäfte ihres einstigen Frontmanns die Bonner CDU wieder eingeholt. Es geht um Beträge in Höhe von 94.000 und 30.000 Mark, die Schreiber – entgegen dem Eindruck, den Hergarten hatte vermitteln wollen – vor der Kommunalwahl 1999 in die CDU-Kassen geschleust haben soll.

Die Staatsanwaltschaft vermutete hinter dem Geldsegen zwei nicht legal verbuchte Großspenden. Deswegen ließ sie in der vergangenen Woche die Partei- und Fraktionsräume der Bonner CDU sowie Büro und Wohnung von Parteichef Hergarten durchsuchen. Gegen ihn und seinen Schatzmeister wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue und des Betrugs eingeleitet.

Die CDU wies umgehend alle Vorwürfe zurück, bestritt die Existenz der 30.000 Mark und legte für die 94.000 Mark eine interne Aufstellung vor, nach der es sich bei der Summe um die Zusammenfassung von sieben Einzelspenden jeweils nicht über der veröffentlichungspflichtigen Grenze von 20.000 Mark gehandelt haben soll. Und damit bekam sie das nächste Problem: Denn laut dieser bisher geheim gehaltenen Liste stammt der Großteil des Geldes von drei Firmen, die in engem Zusammenhang mit der von der CDU betriebenen Teilprivatisierung der Bonner Abfallwirtschaft standen. Danach kamen jeweils 20.000 Mark von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft von Ulrich Pago, der Entsorgung und Verwertung Bonn (EVB) und der TK-Umweltdienste.

Die Ermittlungen gegen Exfraktionschef Schreiber sind weitgehend abgeschlossen. Möglicherweise noch in diesem Monat soll die Anklage gegen den früheren Stadtdirektor und Chef der Bonner Stadtwerke fertig sein, dessen Müllgeschäfte ihm 1,5 Millionen Mark beschert hatten. Und der CDU ein paar Spenden. PASCAL BEUCKER