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Archiv-Artikel

Bahn frei für mehr Grün

Die Bahn darf nicht länger nach Gutsherrenart Stadtplanung betreiben, entschied das Bundesbauministerium. Vor allem für Berlin ist dieser Beschluss ein Durchbruch, freuen sich die Grünen. Sie wollen mehr Parks statt überflüssiger Bauvorhaben

von UWE RADA

Was haben der Stuttgarter Platz, das Gleisdreieck, der Nordbahnhof, der Mauerpark und der RAW-Tempel gemeinsam? Sie gehören wie alle ehemaligen Bahnflächen der Bahn-Tochter Vivico. Und was hat die Vivico mit einem Großgrundbesitzer zu tun? Er wird, wenn der politische Wille vorhanden ist, entmachtet. Im Falle der Vivico war es nun Bundesbauminister Manfred Stolpe (SPD), der ein Machtwort gesprochen hat. Was für den größten Grundstückseigentümer Berlins einem Debakel gleichkommen könnte, ist für Berlin womöglich ein grüner Lichtblick.

Bislang gilt auf Bahngrundstücken ein anderes Planungsrecht als auf Berliner Straßen und Freiflächen. Sie sind durch die so genannte „Fachplanung Bahn“ vor Eingriffen durch die Kommunen weitgehend geschützt. Was für den Eisenbahnbetrieb einmal Recht war, muss im Nacheisenbahnzeitalter allerdings nicht länger billig sein. Zu diesem Schluss kam bereits im Juni letzten Jahres der Baurechtler und Leiter des Fachbereichs Architektur an der TU, Rudolf Schäfer. In einem von der Bürgerinitiative Gleisdreieck in Auftrag gegebenen Gutachten stellte Schäfer fest, dass das Sonderrecht nicht für Flächen gilt, die nicht mehr für Bahnzwecke genutzt werden. Ihre Umwidmung in normale Flächen, so Schäfer, sei nicht mehr alleine Sache der Vivico, sondern auch der Kommunen. Dieser Rechtsauffassung schloss sich nun auch das Bundesbauministerium an.

„Das ist ein Durchbruch“, freut sich die baupolitische Sprecherin der Berliner Grünen, Barbara Oesterheld. „Das gibt dem Land und den Bezirken einen riesigen Spielraum, um mehr Grünflächen durchzusetzen.“

Dieser Spielraum ist auch dringend nötig. Bislang nutzte die Vivico ihr Sonderrecht, um in Gutsherrenart Grünplanungen zugunsten überdimensionierter Bauvorhaben zurückzustutzen. „Damit“, freut sich Oesterheld, „ist es nun vorbei.“

Noch allerdings ist unklar, wer künfig die Entwidmung bei der Vivico einklagen kann, der Senat oder auch die Bezirke. „Wir warten erst mal ab, was das Bauministerium empfiehlt“, sagte gestern die Sprecherin von Bausenator Peter Strieder (SPD), Petra Roland. Die Grünen wollen so lange nicht warten. „Wir werden mit unseren Baustadträten überlegen, ob wir nicht gleich schon aktiv werden“, kündigte Barbara Oesterheld an.