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Archiv-Artikel

Toughes Mädchen

Weltpremiere in Wilhelmshaven: Morgen startet das Hildegard Knef-Musical „Der Geschenkte Gaul“

Ein gutes Jahr nach dem Tod von Hildegard Knef bringt die niedersächsische Landesbühne die Lebensgeschichte der Diva als Musical auf die Bühne. Hildegard Knef hat dabei höchstselbst bis zu ihrem Tod an der Produktion mitgearbeitet. Der Weltstar, die Welturaufführung und Wilhelmshaven – die taz hat sich vorab nach Genauerem erkundigt bei Reinhardt Friese, dem Regisseur von „Der geschenkte Gaul“.

taz: Herr Friese, wie kommt ausgerechnet das Stadttheater Wilhelmshaven zu so einer Uraufführung?

Reinhardt Friese: Wir sind schon vor fast zwei Jahren, lange vor dem Tod von Frau Knef, auf die Idee gekommen, ein Musical über ihr Leben zu machen. Als wir damals den Spielplan bekannt gegeben haben, hat sich Frau Knef bei uns gemeldet. Dabei kam heraus, dass sie selber auch schon versucht hat, eine Musicalversion von ihrer Autobiographie „Der geschenkte Gaul“ zu schreiben. Im Grundkonzept unterschied sich ihre Version kaum von unseren Planungen und es ist zu einer Zusammenarbeit gekommen, die leider durch den Tod von Frau Knef abgebrochen wurde. Wir haben weitergemacht, weil wir auch sehr engen Kontakt zu Hildegard Knefs Witwer Paul von Schell hatten und der nicht wollte, dass woanders aus Sensationsgeilheit aus diesem Projekt ein Schnellschuss gemacht wurde. Er wusste, dass es bei uns ein tiefes Interesse an Frau Knef und ihrem Werk schon vor ihrem Tode gab.

Das Publikum erwartet nun wohl die grossen Hits von Hildegard Knef auf der Bühne. Und da besteht die Gefahr, dass das Stück zu einer reinen Nummernrevue wird.

Es werden natürlich Hits wie die „Roten Rosen“ gesungen, aber wir wollten keine Schlagerparade machen. Das Stück soll ja das Leben von Hildegard Knef erzählen, mit all den Reibungen, nicht nur was ihre Krankheiten angeht, sondern auch die zeitgeschichtlichen Reibungen mit Deutschland. Das war nicht immer ein leichtes Verhältnis. Das führt dazu, dass wir Musik oft als Fortsetzung von Handlung verwenden, und dafür hat unser Komponist Udo Becker auch viele eigene Stücke geschrieben.

Bei der Besetzung und Interpretation der Hauptrolle kann man sicher schnell in eine böse Falle tappen, wie es zum Beispiel ja Katja Flint in dem Marlene Dietrich Film von Vilsmayer passiert ist.

Bei uns spielt die 27 Jahre alte Franca Berlin die Titelrolle, aber sie hat nicht versucht, ein möglichst genaues Imitat von Frau Knef zu werden. Es kann nicht darum gehen, die Stimme, die Aussprache, Bewegungen und Aussehen nachzuahmen, denn dann rennt man den ganzen Abend nur dem Original hinterher, und bleibt doch nur Kopie. Frau Knef hat in ihrem Fragment auch nie von sich, sondern immer von dem „Mädchen“ geschrieben. Es ging ihr nicht darum, ihre Autobiographie auf die Bühne zu bringen, sondern sie wollte ein Kriegs- und Nachkriegsschicksal erzählen. Von einer Frau, die mit diesen unglaublichen Schicksalsschlägen und Erfolgen gelebt hat. Dafür ist es wichtig, den Kern von Frau Knef, dieses toughe, schnodderig Berlinerische, aber auch diese große Verletzlichkeit zu treffen.

Wie nah bleibt das Musical an der Autobiographie von Frau Knef?

Das Buch endet ja in den 60er Jahren, und wir haben den Erzähstrang bis zu ihrem Tode weitergesponnen. Diese Szenen haben ihr Witwer Paul von Schell, Udo Becker und ich zusammen geschrieben.

Sie müssen befürchten, dass sich die Feuilletonchefs der überregionalen Zeitungen schon auf einen hämischen Verriss dieser Inszenierung aus der „tiefsten Provinz“ freuen.

Ich bin mir dessen bewusst und versuche es auch sofort wieder zu vergessen. Ich hoffe, dass wir eine gute Arbeit abliefern, die dem Anlass gerecht werden wird, und dann braucht man halt auch immer etwas Fortune beim Theater.

Interview: Wilfried Hippen

Premiere von „Der Geschenkte Gaul“: Samstag, 22.2., um 20 Uhr im Stadttheater Wilhelmshaven. Nächste Vorstellungen: 26.2. um 20 Uhr in Emden, Neues Theater, 27.2., 20 Uhr in Wittmund, Schule Brandenburger Str., 4.3., 19.30 Uhr Norderney, Kurtheater. Infos unter www.landesbuehne-nord.de oder unter ☎ 04421 - 94 01 0