Protest zum Discountpreis

Noch nie war ein Castor-Transport ins Wendland so billig wie in diesem November. Viele junge Leute unter den Demonstranten. Jeder Dritte in Gewahrsam genommen

hamburg taz ■ Der diesjährige Castor-Protest war aus staatlicher Sicht der billigste aller Zeiten. Lediglich 25 Millionen Euro habe der Einsatz der 12.500 Polizisten gekostet, die Mitte November den Atommüll-Transport ins Zwischenlager Gorleben begleiteten, bilanzierte der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann. Beobachter stellten fest, der Protest habe sich verjüngt.

Die Castor-Behälter aus der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague waren am 11. November mit fünfstündiger Verspätung im Bahnhof Dannenberg eingetroffen, um dort auf Tieflader gehievt und auf der Landstraße zum Zwischenlager gefahren zu werden. Wie üblich gab es eine Reihe von Blockaden. Am längsten hielt den Transport jedoch eine angebohrte Wasserleitung auf. Die unterspülte Straße musste geflickt werden. Auf der Ausweichstrecke hatte das Verwaltungsgericht Lüneburg einen Laternenumzug genehmigt. Der Transport erreichte schließlich am nächsten Morgen das Zwischenlager, 58 Stunden nach dem Start in La Hague.

Obwohl Minister Schünemann einräumte, insgesamt seien die Proteste „friedlich verlaufen“, nahm seine Polizei 74 Menschen vorläufig fest. Sie erteilte 220 Platzverweise und nahm 1.247 Demonstranten in Gewahrsam. 27 Polizisten und zwei Demonstranten seien verletzt worden. Die Castor-Gegner dagegen zählten auf ihrer Seite mehr als 70 Verletzte. Sie kritisierten ein „unangemessen hartes Vorgehen“ der Polizei.

Demonstranten-Anwalt Arne Timmermann warf der Polizei vor, sie habe die richterliche Überprüfung von Ingewahrsamnahmen absichtlich verzögert. Bis zu 19 Stunden hätten Einzelne auf einen Richter warten müssen. Im Gegensatz zur Polizei konstatierten die niedersächsischen Grünen einen „eindeutigen Fall von Verfahrensverschleppung“. gernot knödler