: Bahn zieht fast alle ICE-T-Züge aus dem Verkehr
Auf vielen ICE-Strecken droht am Wochenende das Chaos. Mehdorn: Industrie hat uns im Stich gelassen
BERLIN taz ■ Das Chaos bei der Bahn wird immer größer. Aufgrund von Sicherheitsbedenken sieht sich die Bahn gezwungen, ab Samstagmorgen fast ihre gesamte ICE-T-Flotte auf unbestimmte Zeit aus dem Verkehr zu ziehen und zu überprüfen. Betroffen sind etwa 70 der Züge mit Neigetechnik. Erhebliche Einschränkungen wird es auf den Linien Hamburg–Berlin–Leipzig–München, Wiesbaden–Frankfurt–Leipzig–Dresden, Stuttgart–Singen–Zürich und Dortmund–Koblenz–Main–Frankfurt–Nürnberg–Passau–Wien geben. Wann sich der Verkehr wieder normalisiert, ist derzeit noch unklar. Probleme gibt es auch auf den ICE-3-Strecken in Süd- und Westdeutschland.
Die Bahn habe das Herstellerkonsortium für den ICE-T – Siemens, Alstom und Bombardier – ultimativ aufgefordert, klare Garantien für den sicheren Betrieb der Züge abzugeben, teilte das Unternehmen mit. Aufgrund der am Freitag vorgelegten Herstellerempfehlungen ziehe die Bahn fast alle ICE-T-Züge zur weiteren technischen Überprüfung der Radsatzwellen vorübergehend aus dem Verkehr. Hintergrund der Sicherheitsüberprüfungen ist der Achsbruch eines ICE-3 im Sommer in Köln.
„Sicherheit hat für uns absoluten Vorrang“, sagte Bahnchef Hartmut Mehdorn. „Wir sehen uns von der Industrie im Stich gelassen.“ Die Bahn sei zu dieser drastischen Maßnahme mit den sich daraus ergebenden Fahrplanänderungen gezwungen. Darüber können sich die Kunden telefonisch kostenfrei unter der Rufnummer 0 80 00 99 66 33 informieren. Im Internet gibt es Infos unter www.bahn.de/aktuell.
Siemens wies die Vorwürfe zurück. „Wir haben die Züge nach Stand der Technik und nach geltenden Normen gebaut. Von den Aufsichtsbehörden wurden die Züge so genehmigt“, sagte eine Sprecherin des ICE-Herstellerkonsortiums dem Rundfunksender hr-info.
„Die Bahn handelt verantwortungsvoll“, sagte der Chef des Fahrgastverbandes Pro Bahn, Karl-Peter Naumann, der taz. „Das Ganze ist ein Armutszeugnis für unsere Industrie.“ In anderen Ländern funktioniere der Hochgeschwindigkeitsverkehr. „Da frage ich mich, ob wir die falschen Hersteller haben.“ Für das Wochenende erwartet Naumann „katastrophale Zustände“, da deutlich weniger Züge eingesetzt würden und Züge ohne Neigetechnik langsamer fahren müssten. Die Bahn bietet ihren Kunden diverse Kulanzregelungen an: Die Zugbindung wird aufgehoben, Fahrkarten werden umgetauscht oder erstattet. ROT