: Keine Chance für Prügel-Polizisten
Die Regierung soll endlich das Protokoll der Anti-Folter-Konvention unterzeichnen, fordert amnesty international. Nach wie vor wird auf deutschen Polizeiwachen geschlagen, getreten und misshandelt. Die Opfer sind in den meisten Fällen Ausländer
AUS BERLIN TORBEN TRUPKE
Amnesty international fordert die Bundesregierung auf, endlich das Zusatzprotokoll zur UN-Anti-Folter-Konvention zu unterzeichnen. „Der Schritt ist überfällig, wenn die deutsche Menschenrechtspolitik glaubwürdig sein will“, sagte Amnesty-Deutschland-Generalsekretärin Barbara Lochbihler gestern in Berlin bei der Vorstellung des neuen Jahresberichts. Das Protokoll ermöglicht es, Gefängnisse und Polizeistationen unangemeldet zu überprüfen.
In seinem Bericht wirft amnesty der deutschen Polizei anhaltende Übergriffe auf – meist ausländische – Zivilisten vor. Die Organisation stellte 20 exemplarische Fälle aus den letzten vier Jahren zusammen. Etwa den des Kenianers N., der klagte, er sei Anfang 2002 in Berlin von Polizisten misshandelt worden.
Am 4. Januar saß N. in seinem Auto, als ein Streifenwagen vorbeifuhr. Ein Polizist kam auf N.s Auto zu und fragte ihn nach den Papieren. N. öffnete die Tür seines Wagens und wollte wissen, ob er gegen die Verkehrsvorschriften verstoßen habe. Einer der Beamten sah den Zündschlüssel stecken und vermutete, N. habe das Auto stehlen wollen. Als N. fragte, ob der Polizist auch einen Deutschen überprüft hätte, eskalierte die Situation. N.s Angaben zufolge hetzte eine Beamtin ihren Diensthund auf N., der aus dem Wagen stieg. Ein Kollege sprühte im Pfefferspray ins Gesicht, ein weiterer legte ihm Handschellen an. Nachdem er zu Boden gestoßen und gefesselt worden sei, seien die Misshandlungen fortgesetzt worden. Erst als Passanten eingriffen, hätten die Polizisten von ihm abgelassen. N. wurde wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt verurteilt. Die Beamten hatten einhellig ausgesagt, N. sei aggressiv gewesen und habe sie angegriffen. Das Gericht sah keinen Grund, die Aussagen der Polizisten in Zweifel zu ziehen.
Weit schlimmer endete ein Übergriff in Köln. Im Mai 2002 starb dort der 31-jährige Stephan Neisius in einem Krankenhaus, nachdem er knapp zwei Wochen zuvor auf einer Polizeiwache misshandelt worden war. Die Tragödie begann am 11. Mai, als die Beamten wegen Ruhestörung in die Roonstraße gerufen worden war. Neisius und seine Mutter stritten sich lautstark. Als die Tür nicht geöffnet wurde, drangen die Polizisten gewaltsam ein. Neisius reagierte hysterisch und schlug mit einem Hockeyschläger mehrere Glastüren ein. Zu Verstärkung gerufene Beamte setzten Pfefferspray und „erhebliche körperliche Gewalt“ ein. Der als psychisch gestört geltende Neisius wurde nicht zum Arzt, sondern auf die Wache gebracht. Dort soll er zusammengeschlagen worden sein. Die Beamten wurden 2003 zu Bewährungsstrafen zwischen 12 und 16 Monaten verurteilt. Sie haben Berufung eingelegt.